Mittwoch, 4. Februar 2009

Vor direkter Sonneneinstrahlung schützen…und der Uli Hoeness Gedächtniss-Elfer

Samstagabend ist etwas ganz komisches passiert. Naja, eigentlich nicht ganz so komisch, aber unter den gegebenen Umständen durchaus belächelnswert: Ich hab mich verlaufen! In einem Kaff von 1900 Einwohnern! Einem Kaff mit nur einer Hauptstraße. Abends wollte ich zu Max österreichischer Würstelparty – 19.00Uhr, Hausnummer 12, beim Hotel da hoch die Straße. Aber der Vogel, nur halbe hingehört, jaja passt schon, bis später….später! Alles war darauf ausgerichtet, mehr oder weniger bei Zeiten loszulaufen und dann auf halbem Weg anzurufen, wie das ‚die Jugendlichen’ heutzutage ja immer so machen (ja Opa, immer telefonieren und nichts richtig ausmachen). Also ums kurz zu machen, ich war unterwegs – schon ein wenig spät – und da find ich Max Nummer nicht im Handy. Aaaaaaargh! Also noch mal alles durch, ne nichts drinn. Wie kann ich ihn denn noch genannt haben?! Naja, mal auf Gut Glück die Straße hoch, hat doch was von Hotel erzählt und soviel Häuser 12 gibt’s auch nicht. Der erste Fehler war das nicht richtige Zuhören, der zweite, nicht zu fragen ‚Welches Hotel?’(es gibt nämlich nicht nur eins, Longyearbyen ist eine Metropole). Ich hab also das falsche Hotel ausgewählt und auch keine Nummer 12 gefunden. Also zum anderen Hotel gelatscht, es ist ja nicht so, dass es irgendwie kühl draußen ist und ich auch noch in Eile bin, neeee…
Am anderen Hotel muss ich feststellen, dass Longyearbyen über erstaunlich viele kleinere Straßen verfügt, die immer wieder von vorne anfangen zu zählen. Mittlerweile hat sich auch noch mein Handyakku gemeldet…also entweder ER meldet sich bald oder das wird heut Abend nichts mehr mit Käsekrainer. Ich entdecke immer mehr kleine Straßen - Spitzbergen wird immer größer und ich immer verlorener. Plötzlich tutet mein Handy - nur noch ein Balken. Die Situation spitzt sich also zu. Endlich ruft Max an wo ich bleibe und wo ich bin. Ja, wo bin ich eigentlich?! Die Straße hoch, links…verdammisch, ich bin in Spitzbergen!!! Nachdem mein Handyakku Erbarmen hatte mit mir und das Gespräch noch ermöglichte, stand Bier, Kartoffelsalat und Käsekrainern nichts mehr im Wege. Als beruhigendes Element begleiteten mich übrigens schöne Nordlichter am Firmament, hätte nur noch der Stern von Bethlehem gefehlt und ich hätt gewusst wo lang es geht…
Sonntag wollte ich dann früh aufstehen um mit Allison, die kurz bevor ich Svalbard verließ ankam, die erste Skitour zu machen. Mit dem früh aufstehen hat das nicht ganz geklappt, aber ich kann hier ja die andauernde Dunkelheit bequem als Grund nennen. Die Tour war einfach en Traum, auch wenn wir nicht schnell, hoch, weit oder was auch immer gestiegen sind, ich habs einfach nur aus vollen Zügen genossen! Wie viele Male bin ich hier damals hochdedappt? Am Anfang morgens um möglichst viel Licht zu haben, dann später nach der Uni und als die Sonne erstmal nicht mehr untergehen wollte, quasi rund um die Uhr. Jetzt war ich wieder hier und das Gefühl war einfach grandios. Der positive Beigeschmack war die Kür, die Abfahrt. Nicht berauschende doch erstaunliche 10 cm Powder über dem harten Deckel. Traumhaft, einfach ein paar Lines in den Larsbreen cruisen.
Kaum kam das geile Flow-Gefühl auf, war ich auch schon wieder unten, aber immerhin endlich mal wieder Skifahren! Doch zum Ausruhen war keine Zeit – Sonntag ist Kajakpolo-Tag. Letztes Mal hab ich noch vom Traum gebloggt, irgendwann mal (wenn ich kajaken kann) ein Tor zu werfen. Heute ist alles anders. Da ist sie die Chance, plötzlich steh ich da, bekomm den Ball und der Weg zum Tor ist frei. Hektik und Torschusspanik macht sich in mir breit. Ich versuch gar nicht erst noch näher zu kommen, bevor ich mich bewegen und überlege kann welche Seite vom komisch verdrehen Paddel ich festhalten muss und welche ich drehen muss, haben mich die ganzen Jungs schon wieder eingeholt. Also Wurf! Aber mehr als ein 1976er Uli Hoeness Gedächtnis-Elfer kommt nicht dabei rum. Ich bin geschockt! Da war sie die Chance, werd ich sie noch mal bekommen?! Wenige Minuten später versage ich erneut…eiieie das nächste Mal, muss ich mehr Frühstücken! Oder vielleicht doch mal zu Schokolade greifen? Zum Abschluss noch die Paradedisziplin: Eskimorolle. Unterwasser muss man irgendwie versuchen erstmal zu chillen, dann das Paddel weiter hinten greifen, parallel zum Boot führen und drehen. Das Entscheidende ist die folgende schnelle Bewegung aus der Schulter heraus und dann noch der Kick aus der Hüfte – aha. Irgendwie bin ich plötzlich oben, komisch, ging aber einfach. Nochmal, wieder klappt es. Gut, die B-Note lässt sehr zu wünschen übrig, aber ich sitz noch in dem wackligen Ding, mein Kopf ist oben und ich kann atmen. Jetzt wirds wir das aber zu bunt – dreht Max die ganze Zeit das Boot herum? Ney, alles allein! Rocky-Musik im Ohr! Langsam muss ich mir eingestehen, ich bin einfach unglaublich begabt und habs einfach brutal drauf. Deshalb war ich heute auch nicht im Dienstagstraining, um die anderen nicht komplett zu deklassieren…

Zwei Tage lang hatten wir hier ordentlich Wind und die Temperaturen sind wieder auf normalere -22°C gesunken. Das Dumme am Sturm ist der Wind, der macht die ganze Sache eher unangenehm. Kaum hat der Sturm am Abend ein wenig abgenommen, mach ich mich noch mal hoch zu Sverdrupbyen um ein Vergleichfoto vor und nach dem Sturm zu machen. Vielleicht lässt ja so ein Ereignis die Wechten ordentlich wachsen. Vielleicht, auf den Bildern erkenne ich jedoch noch nichts. Unten im Tal will ich noch ein Bild von mir machen und stell die Kamera auf mein 15 € Stativ. Kaum sind die 10 Sekunden Zeitauslöser abgebeeps, ich steh grinsend in Position, da will doch eine Windböe mir mein Stativ samt Kamera stibitzen. Beide rutschen noch stehend auf einer Eisplatte dahin. Erschrocken will ich hinterher und leg mich mal voll aufs Maul. Besser gesagt aufs Knie, was sowieso schon immer ein wenig wehleidig ist. Es ist dieses blöde Gefühl, wo man direkt in einer Sekunde weiß ‚Scheiße, das fühlt sich nicht so gut an’. Zurück in der Barakke ist das Knie auch schon schön rot, blau und wird dick. Zum Glück ist die Globalisierung an Longyearbyen nicht spurlos vorbei gezogen und wir haben jetzt hier eine Apotheke. Normalerweise hab ich son olles Mobilat oder noch besser Voltaren immer in einem Koffer rumfliegen, aber da zeigen sich wieder mal die Nachteile, wenn beim Packen die weibliche Unterstützung fehlt und noch jemand mitdenkt anstatt nur rein und zu. Naja, vorhin war ich jedenfalls in der neuen, modernen Apotheke und schildere der netten Apothekenfachverkäuferin mein Unglück. Zwei Minuten später bin ich für schlappe 13 € Besitzer von 60 g Orudis, 2,5% gel / hlaup ketoprofen. Da bin ich ja mal gespannt was das kann. Doch zuversichtlich bezahle ich und während ich noch alles in meinem roten Rucksack verstaue, meine Riesenhandschuhe herausfriemele, die Wollmütze aufsetze und die Klaettermusenjacke bis oben zuziehe, guckt mich die nette Fachverkäuferin wissend, ja fast belehrend an und sagt ‚After you put on creme, do avoid direkt sunshine on it!’ – sie grinst und beide fangen wir an zu lachen. Willkommen auf Spitzbergen.

1 Kommentar:

Oli hat gesagt…

verdammisch du horst, da hast du dich doch tatsächlich verlaufen. kleine info am rande: 12.12.08, hintertux: 60cm Powder..