Freitag, 26. Januar 2007

Der Taxifahrer vom Prinz aus Bel-Air

Die Woche hat mir einige neue Erkenntnisse neben all der super Laborarbeit gebracht. Erstens: Ich muss unbedingt die Uni wechseln! Obwohl ich schon drei Jahre in Mainz am “geologien” bin, komme ich mir hier immer wieder wie ein Anfaenger vor…viele Geraete habe ich noch nie gesehen geschweige denn benutzt und von einigen habe ich noch nie etwas gehoert…so kann das nicht weiter gehen.
Eine zweite nicht weniger bedeutsame halb-wissenschaftliche Feststellung habe ich allerdings in der Kueche gemacht: Der Knoblauch wird immer noch blau!!! Und diesmal hab ich genau aufgepasst was der Italiener in die Pfanne gehauen hat: Knoblauch, ein wenig Oel, Tuhnfisch und Zitronensaft. Also ist die These von Mo et al. von wegen Staerke und Jod aufs bitterste widerlegt, denn es wurde KEIN Salz verwendet (somit kann auch kein Jod zum Knoblauch durchgedrungen sein). Interessant auch, dass der Farbumschlag erst kurz nach der Zugabe des Zitronensaftes sich vollzog…fuer weitere Theorien habe ich aber ein offenes Ohr!
Kommen wir von den Ohren nun zur Nase, besser gesagt zu den Nasenfluegeln (welch eine Ueberleitung…). Diese haben, wenn sie nicht hinter einer wenig modischen Gesichtsmaske verpackt sind, neben der Geruchserkennung noch eine weitere Funktion! Die Nasenfluegel dienen als Thermometer. Hoert sich komisch an – ist aber so. Bei ziemlch genau -15 Grad fangen die kleinen Fluegelchen naemlich an fuer eine kurze Zeit beim Einatmen quasi am mittleren Nasenbein (? Dem etwas haerteren Bereich zwischen beiden Loechern) festzukleben…von festfrieren kann aber nicht wirklich die Rede sein. Zum Glueck muss man ja aus physikalische Gruenden irgendwann wieder ausatmen und der Verbund loest sich wieder. Bislang konnten noch keine gravierenden Spaetfolgen erkannt werden, sind aber nicht ganz auszuschliessen…Von einem Luftanhaltewettbewerb ist somit unter diesen Gesichtspunkten dringend abzuraten!

Bei unser alltaeglichen Aufgabe nach der Uni die coolste Mitfahrgelegenheit zu finden konnte ich diese Tage sehr gut punkten. Kennt jemand den Taxifahrer aus dem Vorspann vom Prinz of Bel-Air? Naja sagen wir mal ich habe die noerdliche Version kennengelernt: Uebermuetig ist der Italiener im oertlichen Coop (wo ich jetzt eine membersship-Karte auf Lebenszeit habe) in einen Kaufrausch verfallen, war aber an der Kasse zu umweltbewusst um mehr als eine Plastiktuete zu nehmen. Es kam wie es kommen musste, wir waren kaum an der Strasse und noch 3 km von unserem rettenden Zuhause entfernt da riss die Tuete! Beide Rucksaecke waren aber auch schon bis aufs ausserste bepackt, also alles auf die Arme nehmen und auf eine Mitfahrgelegenheit hoffen. Doch anscheinend war der Zeitpunkt nicht gut genug gewaehlt und so waren nur wenige und zudem wenig hilfsbereite Fahrzeuge unterwegs. Viel weiterlaufen war unter diesen Umstaenden aber auch nicht drinn. Irgendwann hielt dann ein kleiner Malerwagen an (so einer der vorne nur zwe Plaetze hat, hinten aber eine gschlossene separate Ladebox). Bislang war dies nie ein Problem aber der gute Mann war Elektriker und Elektriker haben immer die Ladebox bis zum Rand voll (Quelle: Erfahrungswert). Also den armen Italiener (nennen wir ihn Marco) ueberredet, dass er nur mitfaehrt und alles Eingekaufte nach oben bringt. Gesagt getan. Ich machte mich dann allein auf den Weg. Keine fuenf Minuten spaeter kam mir wieder so ein Malerwagen entgegen und legte auf der immer mit Schnee und Eis bedeckten Strasse, die gerade mal zwei Wagen nebeneinander passieren laesst, einen aktionfilmreifen U-turn hin, schloss zu mir auf und winkte (wunk???) mich in dieser stylischen Art und Weise wie ich sie bisher nur vom besagten Taxifahrer gesehen hatte zu sich in den Wagen und bracht mich auch heim. Weil die ganze Geschichte ihm auch Spass machte sagte er noch, dass er nach Stunden bezahlt wird und legte zum Abschluss noch einen weiteren nahezu perfekten U-turn mit Handbremse vor meiner Barakke hin…

Mittlerweile ist es hier angenehm abgekuehlt. Heute morgen waren es schon – 27 Grad und 42 gefuehlt…Wir gehen jetzt erst mal das Wochenende ein wenig wandern und koennen in einer mit Kohle beheizten Huette der Uni Unterschlupf fuer die Nacht finden. Come on, was fuer Aussichten, das wird die Leser von Horse and Hound sicher erfreuen (wer erraet den Film?).

P.S.: Entschuldigen muss ich mich fuer die etwas ungewohnte Tastatur hier an der Uni, hier hibts es kein „ue“ in einem Buchstaben, ebensso kein „Rucksack-S“…

Montag, 22. Januar 2007

Eine imaginäre Lawine und die schlechteste Pizza der Welt

Schon lustig irgendwie in einer so kleinen Stadt: Innerhalb einer Woche werden einem manche Personen mehrfach vorgestellt, aber immer in anderen Positionen. So hielt am Montag beim (für mich) ersten Treffen des Roten Kreuz von Longyearbyen der nette Mann vom Schießstand einen kleinen Vortrag über Lawinenverschüttetensuche. Nur schießen reicht halt doch nicht! Naja am Samstag stand dann eine große Rettungsübung an, bei der wir als freiwillige Helfer mitmachen durften. Allein für so eine Übung würde man in den Alpen oder sonst wo mit Sicherheit eine Menge Geld von dannen ziehen lassen müssen, hier ist es einfach eine große Übung am Wochenende mit Freiwilligen.
Treffpunkt am Roten Kreuz ist gemäßigte 10.00 h, doch leider ist das Rote Kreuz ein wenig weiter weg und wir haben kein Auto – also eine knappe Stunde laufen. Vorher noch Essen machen für den ganzen Tag und alle möglichen Klamotten zusammenpacken. 10.00h erscheit immer unmenschlicher zu werden!
Als wir dann endlich die Station erreichen werden wir unterrichtet, dass eine imaginäre Lawine in Nybien abgegangen ist und drei Leute verschüttet worden. Nybien? Ja, ziemlich genau 100 m hinter meiner Behausung…Zum Glück werden wir aber von einem der Raupenfahrzeuge den ganzen Weg wieder zurück gebracht. In der Zwischenzeit haben die fünf Wanderer, die den Notruf abgegeben haben, das erste Opfer (mit Lawinenbeeper ausgestattet) bereist geortet und zumindest die Atemwiege frei gemacht, sprich: der Kopf ist ausm Schnee und der Gude kann atmen. Dann geht’s auch für uns los. „Zufällig“ ist die imaginäre Lawine in einem verdammt steilen Abschnitt abgegangen. Wir formieren uns zu einer fünfköpfigen Reihe mit dem Abstand der auseinander gestreckten Arme und laufen mehr oder weniger geschickt im steilen Gelände nach oben um eventuelle Teile von Opfern oder Kleidungsstücke zu erkennen. Oben wird kehrt gemacht und das ganze versetzt nach unten wiederholt. Um es kurz zu machen – es ist sau anstrengend! Unsere Rucksäcke mit dem ganzen Gepäck haben wir natürlich (damit es möglichst realitätsnah erscheint) die ganze Zeit auf, auch um den imaginär unterkühlten Opfern (sollten wir sie finden und sie überleben) etwas Warmes zu geben. Die eigentliche Suche des Roten Kreuzes ist auch voll im Gange: Überall stehen kleine Gruppen mit Lawinensonden im Hang und durchlöchern den Schnee. Wird ein Opfer ertastet ertönt ein Schrei und ein paar Leute mit Schaufeln eilen herbei um den Verschütteten zu befreien. Dann wird wiederum nach dem Schlitten gerufen und drei Leute versuchen ohne das Gleichgewicht zu verlieren mit dem Bergeschlitten den Hang hoch zu ziehen. Das ausgebuddelte Opfer wird in der Zwischenzeit mit einer Art Thermo-Schlafsack (Jervenduk) vor weiter Auskühlung geschützt und schließlich mit dem Bergeschlitten sicher gen Tal gebracht.
Trotz aller Organisation zeigt sich, dass wenn man irgendwie greifbar ist und einer schreit natürlich zur Hilfe eilt und stochert, buddelt oder den Schlitten begleitet, wenn auch nur um auf die blöde Plastikpuppe, die sowieso nicht atmet und dies voraussichtlich auch nie tun wird, aufzupassen. Erschreckende deutlich wird, dass das zumindest bei uns als „Sicherheitssystem“ mehr oder weniger bekannte Recco (in Skijacken oder ähnlichem) sehr wahrscheinlich nicht dein Leben rettet. Recco ist ein passives Suchsystem, dass einfach nur das Signal des Recco-Suchgerätes reflektiert (wie auch ein Handy). Man selbst kann aber damit nichts anfangen, also nicht aktiv nach einem Verschütteten suchen. Vielmehr wird das ganze System genutzt, wenn die bisherige Suche mit Lawinenbeepern und Sonden nicht erfolgreich war. So wurde unsere Opferpuppe mit Recco erst nach 1.55 h Stunden nach dem Notruf überhaupt gefunden. Allgemein geht man davon aus, dass man bis zu 15 Minuten eine mögliche Überlebenschance hat. Alles danach ist sehr unwahrscheinlich.
Was lernen wir daraus: Es ist nicht die Lawinenrettung, die im Falle einer Lawine dein Leben rettet, sondern der Kumpel der mit dir Ski gefahren oder gewandert ist und nicht verschüttet wurde. Voraussetzung ist natürlich, dass beide neben Schaufel und Sonde auch einen Lawinenbeeper bei sich tragen. Ich werde mir in Kürze (bis meine Ski endlich hier oben sind) alles zulegen oder ausleihen.
Aber am besten ist es wohl nie in eine Lawine zu kommen…
Abschließend gab es noch eine detaillierte Einsatzbesprechung im Hauptquartier auf Norwegisch. Als der Unmut der Freiwilligen aber so groß wurde, sprang ein der englischen Sprache Mächtiger ein und erzählte, dass es sich hier um einen Bilderbucheinsatz gehandelt habe und keine größeren Mängel festzustellen waren. Schön! Endlich gab es die vielfach versprochene Pizza für alle, die deutlich erkennen ließ: Italien ist ganz schön weit weg! Ziel ist es hier wohl, möglichst viel Käse auf die Pizzen zu packen, der möglichst wenig mit Mozzarella gemein hat. Obendrauf gibt es dann noch einen in einer kleinen Plastikdose gelieferten fettigen Cremedipp…wohl bekomms.

Donnerstag, 18. Januar 2007

Aurora Borealis

Mittlerweile ist es deutlich kälter und stürmischer geworden. Gegen Mittag wird es für ein, zwei Stunden ein wenig heller am Horizont, so dass man die Silhouetten der Bergketten um Longyearbyen herum erkennen kann. Es ist (glaube ich zumindest) sehr schwer nachvollziehbar, aber ich bin nicht der einzige der die zunehmende Helligkeit gerne noch etwas hinauszögern will. Ja, ich ärger mich sogar ein bisserl darüber, dass es jetzt zumindest für sehr kurze Zeit dunkelblau am Horizont wird! Warum? Ich dachte, die Dunkelheit bedrückt einen mehr, man würde sich schlechter oder müder fühlen. Apropos müde: Bin gerade wieder vom morning swimming zurückgekommen und mich gewundert, warum ich die Margarine nicht in den Kühlschrank gestellt habe. Als ich jenen öffne, finde ich dort aber meine leere Kaffeetasse anstelle der Margarine…
Um aber auf die Dunkelheit zurückzukommen: Jetzt wird es also gaaaaaaaaaaanz langsam ein bisserl heller und damit auch kälter. Klingt komisch, ist aber so: Die kälteste Zeit ist wohl Februar und März, wenn es also schon deutlich heller ist, bzw. sogar nicht mehr so lang dunkel ist.
Aber abgesehen vom Licht hält Spitzbergen für uns ein neues Highlight bereit: Die letzen Tage konnten wir immer wieder Nordlichter bewundern!!! Wer noch nie in diesen Genuss kommen konnte, dem kann ich nur einen Flug nach Tromsö (Norwegen, Festland) empfehlen, da dort vom Breitengrad her die günstigste Lage sein soll um Nordlichter sehen zu können. Es gibt wenige Sachen (wenn überhaupt…), die an Schönheit mit Aurora Borealis mithalten können. Trotz Sturm und 15 Grad minus wird es - wenn man nach oben schaut - für einen kurzen Augenblick ruhig, man spürt den Sturm nicht mehr im Gesicht, nicht die Eiskristalle wie sie gegen deine Backen geweht werden und auch die Zeit scheint stillzustehen. Es macht einen sowohl ergriffen als auch glücklich. Ein zufriedenes Gefühl macht sich breit. Gestern Abend dann der bisherige Höhepunkt. Obwohl der Himmel die ganze Zeit nicht ganz klar war konnten wir die Nordlichter erkennen, nicht jedoch wie scharf die Umrisse wirklich sind. Gestern war es ähnlich, doch die Ausmaße waren weit größer: Der halbe Himmel war grün, es flimmerte quasi von überall her. Man muss sich das vorstellen, die eine überdimensionale hellgrün leuchtende Wolke aus Flammen, die sich sehr schnell bewegen, verändern und ineinander verdrehen. Einzelne Sterne am Firmament taten ihr übriges zum guten Gesamtbild. Gerade als wir die kleine Sporthalle betreten wollte wurde es klarer, der Himmel riss ein wenig auf und am unteren Rand des grünen Feuerballes konnten wir einen deutlichen rötlichen Streifen erkennen. Hammer!!! Du stehst da und alle Wort sind zuviel, einfach nach oben gucken und glücklich sein, wie ein Kind beim Auspusten der Geburtstagskerzen oder an Weihnachten in froher Erwartung der Geschenke.
Ja ist denn schon Weihnachten?!
Also schnell ins Internet (wo ihr sowieso schon da seid…) und einen Flug nach Tromsö buchen…

Dienstag, 16. Januar 2007

morning swimming

Es treffen sich jeden Dienstag und Donnerstag um sieben Uhr morgens (wenn es auch noch in anderen Teilen der Welt dunkel ist) ein paar wenige vermummte Gestalten um im kleinen örtlichen Schwimmbad vergeblich ihre Bahnen in das feuchte Element zu ziehen und dabei den auflockernden Klängen von Metallica zu folgen. In der Hoffnung etwas gegen die allmorgendliche Müdigkeit tun zu können sind sie frohen Mutes ausgezogen um noch vor der Uni etwa eine Stunde sich sportlich zu ertüchtigen.
Das Schwimmbad besticht dabei mit seinem einen Becken durch die fast einzigartige Kombination aus Planschbecken mit Kinderrutsche, Erlebnisbad (natürlich nichts im Vergleich zum allseits beliebten Panoramabad in Bornheim…), und Sprungturm, ohne dabei allerdings auf die anderen Elemente Rücksicht nehmen zu müssen – sprich, man hat einfach alles in das normale Becken „integriert“. Danach gehen diese Menschen dann mehr oder weniger erfrischt wieder vermummt den weiteren Weg zur Uni an der Straße entlang…bis sie sich wenige Tage später für einen neuen Versuch wieder an gleicher Stelle zusammenfinden.

Turnvater Jahn wäre über soviel Enthusiasmus sicher hoch erfreut gewesen…

Einen schönen Tag noch

Sonntag, 14. Januar 2007

FIRE !!!

Schwups, da ist die erste Woche schon vorbei. Um mal einen kleinen Einblick in die vergangenen Safety Course Tage zu geben: Schießstand (dazu gleich mehr…), Informationen über den Eisbären (und auf was man am besten zielt…), Notfallcampausrüstung, Notfallausrüstung für eine Lawinenverschüttetensuche und Allgemeine Lawinenkunde sowie Notfallausrüstung für Gletscher.
Fangen wir mal mit dem Schießtraining an: Ein Ausbilder von der Armee hatte die glorreiche Aufgabe uns das Schießen und alles was dazu gehört beizubringen. Zuerst werden wir knapp 20 min zu einem beleuchteten (sonst könnte man ja nix sehen…) Schießstand gekarrt. Alles ist noch normal: Ein netter Mann stellt sich als unser Ausbilder vor und erzählt uns etwas über den allgemeinen Umgang mit Waffen. Das geht eine ganze Weile so. Kaum erreichen wir aber den tatsächlichen Raum aus dem herausgeschossen wird, ändert sich Stimme und Haltung des netten Mannes. Vor uns steht ein wahrer Ausbilder der Armee. „On your knees, halfload your rifle…FIRE!“ Großartig, wirklich wie im Film. Neben dem unbestritten lustigen Aspekt hatte der nette Mann aber auch den Vorteil, dass man weder nachfragen musste, noch kam man sich in irgendeiner Art unsicher vor. Schließlich hat man ja so als Normaleuropäer jetzt nicht täglich ein scharfes Gewehr aus dem zweiten Weltkrieg in der Hand; einige hatten sogar noch Hakenkreuze auf dem Holzschaft…zur Notwehr gegen Eisbären wird’s schon noch reichen! Zu meinen neu erworbenen Schussfähigkeiten will ich nur soviel sagen: Ich würde nicht gerne in der Haut des Eisbären stecken!
Zum Abschluss der Saftywoche sind wir am Freitag zu einem großen Training vor den Gletscher gegangen. Wirklich beeindruckend, wie die Chefausbilder alles organisiert haben und offensichtlich weder an Kosten noch Mühen gespart wurde. So hatten wir drei Raupenfahrzeuge dabei, die jeweils eine Station bildeten. Der ganze Tross von Studenten wanderte erst einmal geschlossen eine knappe halbe Stunde Richtung Gletscher um den eigentlichen Platz zu erreichen. Der Anblick von dieser Menge Leute mit kleinen Kopflampen auf dem Weg zu einem Gletscher ist schon etwas sehr besonderes. Die erste Station simulierte eine Rettung aus einer Gletscherspalte mit dem nötigen Equipment. Es ist ein gutes Gefühl zu sehen, dass alles klappt, die Knoten sitzen und eine Person sicher abgeseilt und mit der „Verletzten“ aus der Spalte gezogen wird. Ein praktikbezogeneres Training hätte ich mir nicht vorstellen können. Es wird einem also eine Kiste mit Notfallequipment bereitgestellt und die Gruppe tüdelt alles sicher zusammen. Bei der zweiten Station wurde die geborgene Person je nach Art der Verletzung versorgt und dafür ein Notfallcamp errichtet. Dazu gehörten natürlich auch heiße Getränke, die bei Schneesturm gar nicht so leicht „herzustellen“ sind, genau so wie die Notfallzelte, die unter diesen Bedingungen einfach nur mit einigen Personen gestellt werden können. Die dritte Station bestand aus einer fingierten Lawinensuche mit Lawinwnbeepern und Suchsonden. Den abschließenden Höhepunkt der Rettung bildete dann der Einsatz eines Superpumas, eines sehr großen Rettungshubschraubers. Ein riesiger Hubschrauber, der zwischen zwei Bergrücken in vollkommener Dunkelheit eine verletzte Person abtransportiert ist wirklich atemberaubend.
Da wir ja an einer Uni sind und das Ganze nicht zu einem großen Abenteuerurlaub ausarten soll, hatte die ganze Geschichte natürlich noch einen Haken: Wir mussten über die ganze Woche und die vorangegangene Bergeübung natürlich noch einen richtigen Test schreiben. Nachdem auch das geschafft war, stand das allwöchentliche Friday Gathering auf dem Programm, eine Veranstaltung bei der sich die gesamte Uni samt Professoren usw. in der Kantine an einem offenen Kamin trifft und im Prinzip zusammensitzt und unter anderem geraume Mengen an Bier ohne Benutzung der Alkoholkarte konsumiert. Alkoholkarte? Ja, hier oben ist der Alkohol rationiert und jeder Einwohner darf mit seiner ihm zugewiesenen Karte pro Monat 24 Dosen Bier oder zwei Flaschen Schnaps kaufen; lediglich Wein ist von dieser Regelung ausgenommen, da dies das allabendliche Getränk der Manager war und diese darauf nicht verzichten wollten. Danach geht es traditionell in die örtliche Dorfdisco Huset, die nebenbei auch noch Kino, Restaurant und Bar ist. Man muss eben flexibel sein, besonders wenn es keine andere Disko oder ähnliches hier oben gibt. So trifft sich hier Alt und Jung.
Heute (schon sehr früh) stand dann ein großes Fußballturnier an, bei dem die UNIS-Studenten sich gegen zwei Mannschaften der Minenarbeiter, und jeweils einer der örtlichen Supermarktkette (Coop), der Radiostation und einer Gruppe Einheimischer stellen mussten. Da der vorangegangene Abend nicht ohne Folgen geblieben war, ist auch unser Abschneiden recht bescheiden geblieben, da wir auch noch in Folge von zu hohem Alkoholkonsum am Vorabend einige schwerwiegende Ausfälle zu beklagen hatten…
Ein paar lustige Episoden der letzten Tagen noch zum Abschluss: Zu großem Dank bin ich einem netten Norweger verpflichtet, der uns im Liquorshop einlud alles auf seine Alkoholkarte zu kaufen als er mitbekam, dass unsere noch nicht ausgestellt wurde. Er sei schon Familienvater und würde nicht mehr trinken…Ein paar Tage später die nächste amüsante Begebenheit im selben shop: Ich hatte gehört, dass man eventuell auf sein Flugticket Bier kaufen kann, das Flugticket quasi der Beweis ist, dass man hier ist und somit auch eine bestimmte Menge Alkohol kaufen kann…müsste man mal zuhause Versuchen: Einfach in den Edeka gehen und zu einem Kasten Bier an der Kasse ein Flugticket vorlegen. So wurde dann auch vorschriftsmäßig auf meiner Boardingkarte vermerkt und mit offiziellem Coop-Stempel bescheinigt, dass ich, Stephan Vogel, auf diese Karte an dem und dem Datum 12 Dosen Bier gekauft habe und mir weiter 12 noch zur Verfügung stehen!
Erschreckendes zeigt sich in der Wurst- und Fischabteilung des Marktes. Norweger haben offensichtlich das Bedürfnis alles auch in zahnpastaähnlichen Tuben, die bei uns im Lebensmittelbereich lediglich für Senf oder ähnliches gebraucht werden, zu kaufen. So ist es kein Problem Käse, Wurst, Garnelen und auch Makrelen aus der Tube zu bekommen, die je nach Inhalt dann eine möglichst künstlich anmutende Farbe haben.
Auch ein lustiger Bereich in diesem Laden ist das Vitamin-Regal: Man kann quasi alle Vitamine separat oder in diversen Mixturen sowohl in Tablettenform als auch flüssig kaufen. Hinzu kommt neben den verschiedenen Geschmacksrichtungen auch noch eine geraume Menge an (Leber-)Tranprodukten, die besonders bei Norwegern sehr hoch im Kurs stehen. Nach langem hin und her entschied ich mich dann für Vitamin C-Tabletten, die, wie sich herausstellte, einen Kirschgeschmack haben. Da ich leider immer noch nicht der norwegischen Sprach mächtig bin, ist es ein lustiges Ratespiel, was jetzt wirklich wogen hilft oder was bewirken soll, aber weitere Experimente werden folgen…
Eine gute Möglichkeit den alltäglichen Heimweg von der Uni zu verkürzen ist der Versuch per Anhalter zu trampen. Man muss immerhin 40 min bergauf laufen und darf nicht vergessen, dass der Rucksack neben all den Unisachen auch noch Reserveklamotten für plötzliche Wetterumschläge bereithält. Kommt einem fast surreal vor, in Deutschland packt man einfach seine sieben Sachen zusammen und macht sich mit dem morgendlichen Butterbrot in der Hand auf den Weg. Hier führt morgens mein erster Weg an den Laptop um einen aktuellen Wetterbericht zu bekommen…wie kalt ist es und wie stark ist der Sturm – was muss ich also anziehen. Um aber zum trampen zurückzukommen: So haben wir in den letzten Tagen die verschiedensten Leute getroffen und es hatte den Anschein, dass jene es richtig genießen mal fünf Minuten mit anderen Leuten zu sprechen. Wir wurden schon von einem Einheimischen, einem Minenarbeiter, einer überdurchschnittlichen hübschen Norwegerin in einem schwarzen Jeep und zu guter Letzt vom Manager der örtlichen Mine mitgenommen, der uns direkt auf einen Besuch in seine Kohlengrube einlud…
So, das wars erstmal von dieser Woche; Montag beginnt die eigentliche Uni und ich bin gespannt wie ein Flitzebogen was mich dort erwarten wird.
Was die versprochen Fotos betrifft, habe ich noch geringe technische Probleme, da bedingt durch den ständigen Schneefall und Dunkelheit fast alle Bilder mit Blitz nur en paar Schneeflocken vor der Linse zeigen und die ohne Blitz durch das noch fehlende Stativ recht verwackelt sind. Naja, es ist ja noch eine Weile dunkel und es wird sich eine Lösung finden lassen…
Ich verbleibe mit einem freundlichen takk hei (soll wohl Danke und Tschüss heißen)

The prince of darkness

Mittwoch, 10. Januar 2007

Endlich da..oder da, wo niemand hin will

Servus,
endlich komme ich dazu diesen Blogg als meinen treuen Gefährten für das nächste halbe Jahr richtig einzuweihen. Wow ist viel in den letzten Tagen passiert. Aber alles von Anfang an.

Rückblick: Irgendwann im letzten Jahr entscheide ich mich für ein Auslandssemester in Spitzbergen, der nördlichsten bewohnten Insel der Welt. Damals ahnte ich weder was auf mich zukommen wird, wie müde Dunkelheit macht, was man dagegen alles verzweifelt versuchen kann, noch dass die hiesige Uni mit ca. 80 Studenten (alle vier Fächer zusammen…) auch noch sehr klein ist. Nach wochenlangem Warten kam dann schließlich Ende November die die herbei gewünschte Zusage, ab 8. Januar hier oben studieren zu dürfen. Also, schnell zum Sine und arktistaugliche Klamotten kaufen. Doch leider machte mir die geographische Lage Deutschlands im warmen Zentrum Europas einen fetten Strich durch die Rechnung. Nach unzähligen Tagen auf der Suche nach geeigneter Kleidung wurde aber diese Hürde durchaus souverän genommen. Für den wesentlich uninteressanten Teil wie Versicherungen, Flug usw. konnte ich aber zwei Personen unseres Haushalts überreden.

Also, es ist Mittwoch der 3. Januar und ein vollkommen überbepackter Vogel steht samt Trauergemeinde am Frankfurter Flughafen. Aber auch dieser Weg verspricht nicht leicht zu werden - das Gepäck ist ein bisschen sehr zu schwer. Ein bisserl Lächeln da, ein bisschen Geschwafel vom Papa hier und aus meinen mindestens 13 sind 8 Kilo Übergepäck übrig. Nach einer ungemütlichen Nacht in Oslos Flughafenhotel, wo man für eine einfache Tomatensuppe 10 Ro löhnen muss, genieße ich am morgen die ersten und wohl letzten Sonnenstrahlen für die vor mir liegende Dunkelheit. Im Flugzeug bekomme ich beinahe beim trauernden Blick zurück in die Sonnen einen scheppen Hals. Zwischenlandung in Tromsö, der Anteil der Wanderschuhe erreicht ihren prozentualen Höhepunkt.

Irgendwann zwischen Einschlafen und Aufwachen setzten wir zur Landung in Longyearbyen an. Strange so eine Landebahn ohne Stadtbeleuchtung herum…das erste das ich von Spitzbergen sehe ist eine Sternschnuppe. Das fängt ja freundlich an.
Weil Spitzbergen eben Spitzbergen ist, will auch niemand irgendeinen Ausweis sehen. Nach dummem Herumgestehe kann ich in der fremden Menge ein junges Mädel mit dem Logo meiner Uni sehen. Mit Bussen werden wir abgeholt, ein durchaus komisches Gefühl mach sich in der Magengegend breit: Es erst 15.00 h und trotzdem stockfinster. Na das kann ja was werden für einen Möchtegern-Italiener…

Die nächsten zwei Tage vergehen relativ schnell. Überall sind neue Leute die alle irgendwie auf ihre Weise krasse Sachen gemacht haben oder wenigstens schon mal die Idee dazu hatten. Wenn mein norwegisch sich doch nicht nur auf die Frage beschränken würde, ob man hier zelten kann – ich würde soviel mehr verstehen…Großartig war die Reaktion eines Italieners aus meinem Haus als er in unserer Küche eine Weltkarte sieht: Total entgeistert schaut er auf diese Karte und als er Spitzbergen findet meint: „Man, ist’s the fucking northpole…“
Obwohl sich das Wetter von seiner guten Seite mit fast sommerlichen 3 Grad unter null Zeit zeigt wird aber auch ganz schnell klar, dass man selbst bei diesen Bedingungen nicht einfach so vor die Tür gehr. Der Weg zum Einkaufen hin dauert zwar nur eine knappe halbe Stunde, wird hier aber zum kleinen Abenteuer! Nachdem Einkaufen können wir schon mal einen kleinen Blick in meine neue Uni werfen. Jene hat die besondere Form eines Raumschiffes und hat sogar einen Architekturpreis bekommen. Mit großer Sicherheit ist dies die abgespaceeste (?) Uni der Welt. Man muss vielleicht sagen dass sie ohne die Subvention von Norwegen wohl nicht dort wäre…im Eingangsbereich, der wie der gesamte neuere Komplex aus Holz besteht, hängt ein statt einem Plakat ein überdimensionaler Flatscreen-Bildschirm der einfach Fotos von Exkursionen zeigt, 24-7.

Gestern, dann der erste Tag: Wie ein kleines Schulkind am ersten Tag kann ich die halbe Nacht nicht schlafen und muss mich morgens mit dem bösen Gedanken auseinandersetzten, dass egal wie lang ich noch im Bett bleibe es nicht heller werden wird. Was wir dann erleben, ist gefühlsmäßig nur schwer zu überbieten. Der Chef der Uni und ein paar andere (wohl auch neben dem Mienenchef) die wichtigsten Herren der Insel erwiesen uns ihre Ehre. Was ich wohl irgendwie wieder vergessen habe, ich bin im internationalen Arktisjahr hier oben, dass es alle 50 Jahr nur gibt – Hammer! Also kommen hier jede Menge sehr begehrte Professoren nach Svalbard. Um genau zu sein ca. 150 dieses Jahr. Für eine Uni mit weniger als 100 Studenten nicht verkehrt. Wir fühlten uns wie bei Top Gun als der Haupt-„Ausbilder“ für unseren einwöchigen Survival-Safety-Cours uns von den bevorstehenden Kursen erzählt. Ziemlich alle „Ausbilder“ sind von der Armee, und machen den Eindruck, dass sie eher das Gewehr wegschmeißen würden um wie ein Mann gegen den Eisbär zu kämpfen, als ihn „feige“ mit der Signalpistole zu vertreiben…zum perfekten Szenario im abgedunkelten Raum ohne Fenster hat lediglich die fette Ausbilderzigarre gefehlt.
Was ein Wochenprogramm: Jeden Tag von Nullachthundet bis tief in die Dunkelheit (hahaha) Überlebenstraining und Sicherheitskurse. Nach First Aid und Allgemeinem über die richtige Kleidung in der Arktis folgten heute neben weiteren vier Stunden praktischem Training der Ersten Hilfe unter diesen Bedingungen einige Stunden Navigation, Karten-, GPS- und Kompasslehre.

Morgen früh geht es zum ersten Mal an den Schießstand…bam ba bam bam.

Solong,
the proud man in a 10m² Zimmer

Noch eine Frage an alle Köche und Chemiker dieser Erde: Warum wurde der frische Knoblauch beim Anbraten mit Zitronensaft blau?!

Dienstag, 2. Januar 2007

Es wird ernst

Habe gehört, dass es am Mittwoch ab 22 Uhr in der roten Katze abgehen soll...