Mittwoch, 9. Juni 2010

3. Halbzeit


Der Tag hat eigentlich schon irgendwie anders angefangen: Entspannt hatte ich mir um 9h den Wecker gestellt. Bin auch artig aufgestanden, Vorhang und Fenster auf. Doch plötzlich finde ich mich in meine Bettdecke zusammengerollt wieder – 11h! Auch nachdem ich mein Handy nochmal zweifelnd angeschaut hab, ändert sich an der Zeit nix mehr… na ja machen wir also das Beste aus dem angefangenen Tag. Der Vormittag vergeht wie im Flug. Herausragend ist das Mittagsessen: Mettbrötchen, oder man im Osten sagt ‚Hackepeter’! Auch wenn’s aus der Packung kam – das erste Mett nach einem halben Jahr ist und bleibt ´n Krachah! Schön mit dick Butter, gemahlenem Pfeffer und reichlich frischer Zwiebeln – ja da freut sich der Mundpeter den ganzen Tag noch!


Reichlich unspektakulär vergeht der Tag irgendwie zwischen Kaffee und Powerpoint. Gegen neun geh ich mit Gjermund zur Abwechslung mal wieder ne kleine Runde an der Pressspan-Platte Tischtennis spielen. Zwei Sätze gewinn ich souverän, dann wollen wir wieder zurück. Draußen vor der Tür fährt recht rasant ein dicker Jeep vom Sysselmannen vor und der Mann guckt uns ein wenig komisch uns an, ruft irgendwas. Als er aussteigt hat er schon eine Pistole in die Hand – der erste Schuss fällt augenblicklich - wir drehen uns um - am andren Ende des Hauses steht ein fetter Eisbär, keine 50 m vor uns! Was geht denn hier ab??!! Sofort sind wie wieder im Haus und rennen den langen Gang entlang – verdammisch, wo ist denn das nächste Fenster. Im hintersten Raum finden wir dann doch fix ein kleines, der Bär hat ein wenig abgedreht und trottet nicht weit hinter der Barakke. Hammer, ein richtiger Bär, so nah! Als der Bär sich weiter trollt, renn ich zurück in meine Barakke um die Kamera zu holen, hoch in den zweiten Stock. Nicht wirklich gestresst aber doch irgendwie irritiert latscht Meister Petz Richtung Longyearbreen, erklettert den Schutthaufen vor der Moräne und stolziert oben nochmal fast grazil entlang, dass sich sicher auch Bruce Darnell seine Freunde daran gehabt hätte!



Im ganzen Moränenchaos verlieren wir den Bär aus den Augen. Kurz darauf kommt schon ein kleiner Helikopter, der dem weißen Riesen ein bisschen Beine machen soll und so wird er den Gletscher zurück gescheucht. Mal sehen was aus ihm wird. Langsam erscheinen mir die 3 Jahre des Wartens doch gar nicht mehr so schlimm…



Samstag, 5. Juni 2010

Der Jubel des Titan und das Date von Carrie Bradshaw

Hamburg 2001: Es läuft die 95. Spielminute Bayern gehen den HSV. Sergej Barbarez hat soeben Bayern von Wolke Sieben geköpft, Oliver Kahn wird zum Titan und schreit alle Mitspieler wieder nach vorne – „Weiter, immer weiter!“ Schalke feiert vier Minuten die Deutsche Meisterschaft, bis Bayern einen indirekten Freistoß zugesprochen bekommt wegen Rückpass. Kahn will selber schießen, Effenberg legt auf Anderson auf, der Rest ist Geschichte und Schalke wird plötzlich lediglich‚Meister der Herzen’. Nachdem Oli Kahn eine gefühlte 3. Halbzeit mit der Eckfahne ausgiebig gefeiert hat, stemmt er die Salatschüssel mit seinem legendären Spruch ‚Da ist das Ding’ in die Höhe. Bayern tanzt – Schalke weint.

Longyearbyen 2010: Nach einer weitern Frühjahrssaison ohne Bär, hab ich mich meinem Schicksal quasi ergeben. Drei Halbjahre ohne Bär haben fast alle verbliebenen Hoffnungen mit dem Meereis dahin schmelzen lassen. So nah und doch so fern bin ich etliche Male gewesen: Leute hatten am Vortag Bären gesehen, ich fand frische Spuren, die Sensation schien oft greifbar, doch es sollte halt nie sein. Normalerweise heißt es ja ‚Wer suchet, der findet’, aber wie so oft im Leben findet man etwas gerade dann, wenn man nicht (mehr) danach sucht:

Peep Peep – mein Uralthandy vibriert. “Vogel, wie viel würdest du geben um einen Bär zu sehen?” Mein Herz – ja was macht es eigentlich – bleibt stehen oder schlägt es plötzlich ganz aufgeregt, egal normal ist nichts mehr. „Alles!“ - „Beeil dich, ein Bär hockt hinter UNIS aufm Fjordeis!“ Auf dem Flur treffe ich schon den nächsten Angerufenen, ich denk nur an das ‚Beeil dich’, ein Taxi muss her, und zwar ganz schnell, selbst für den Kaffee ist jetzt keine Zeit mehr. In Wendkreis von Nybyen finden sich noch mehr Studenten ein, nach einer Ewigkeit kommt das Taxi endlich in Sicht – kann der sich denn nicht beeilen?! Da schau ich mir anderthalb Jahre die Augen ausm Kopf, fahr mehr als 2000kh auf der Hvite Laila durch die Gegend, hab sogar in der Ferne mal eine kleine Hütte mit Schornstein übermütig als Bär gesehen und jetzt kurz vorm Ziel sitz ich hibbelig wie Carrie Bradshaw in einem Taxi auf dem Weg zu einem Date, auf das ich Ewigkeiten gewartet habe, von dem ich geträumt habe und an welches ich nicht mehr wirklich glauben konnte. Ich fliege in den dritten Stock, dort stehen schon sicher 30 Studenten um ein riesiges Fernglas – Mr. Big ist also noch da! Ein bisschen kann oder muss ich lächeln, gleich ist es soweit, mein Herz hat sich auf aufgeregtes Springen geeinigt. ‚Kann ich mal BITTE durch, danke.’ Alle Leute drumherum lachen, freuen sich und feiern sich selbst. Ich bin an der Reihe – DA IST DAS DING! Geil, pures Glück durchströmt meine Adern – dort ist ER, mein Mr. Big, ich bin Carrie Bradshaw (was?)…


Wenige Wochen bevor ich Spitzbergen wieder verlassen werde doch noch Glück zu haben freut mich unbeschreiblich. Wieviele bumms Touristen sehen bei ihrem Standart drei Tage Spitzbergen-Urlaub einen Bär? Aber irgendwie hatte ich echt die Seuche am Fuß oder was auch immer es war, dass ich mich so geschickt um all die Bären drumherum gemogelt hab. Vielleicht kann ich ja auch die ganze Misere wirklich dem Dödel anlasten, der nur aus Angst um mein Leben inständig betete, ich möge erst gar keinen Bären zu Gesicht bekommen. Hab ich mich bei all meinen Wegen zwischen den Bären diesmal vertan, oder hatte letztendlich der liebe Gott doch Einsehen, wie dem auch sei - so wars genau richtig. Jetzt kann ich eigentlich beruhigt nach Hause gehen, in Würde altern und irgendwann, wenn die Leute Strandurlaub in der Arktis machen, meinen Enkeln stolz erzählen, dass der Opa – als es noch Schnee gab – einmal dieses weiße Tier sehen durfte, dass sie König der Arktis nannten - oder eben Mr. Big!

Am Ende gibt es nur Gewinner, alle tanzen, niemand weint. Wir sind alle Meister, nicht nur im Herzen. Wenn es nun doch noch einen Titel zu vergeben gäbe, dann ginge der ohne Frage an Max, weil er ganz einfach zur richtigen Zeit die richtige Nummer gewählt hat – Danke!

Sonntag, 30. Mai 2010

Is’ ja noch hell…

Ende April kam mal wieder die Wurstwarenabteilung aus der Heimat vorbei – Klesse und Manuel ließen sich nicht lumpen und begleiteten freundlicherweise 2kg Bratwurst, diverse Dosenwurst und weitere ausgesuchte Köstlichkeiten aus deutschen Metzgereien zu mir in den Kühlschrank!



Leider wurden die angepeilten zwei Wochen Nordpol jäh vom eigensinnigen isländischen Vulkan vermiest, so dass aber immerhin noch 10 Tage übrig blieben. Oberstes Ziel war jeden Tag irgendwas im Schnee zu machen, von Skikurs, Eishöhle zu Feldarbeit aufm Berg. Die danach fällige Ausruhzeit wurde derbe geprägt von intensiven Nudelpfanne-Sessions und ergiebigen Häkelorgien. Einige schüttelten den Kopf, doch wir machten die sonnige Nacht zum sonnigen Tag und häkelten uns unsere eigenen grandiosen Mützen. Nach kurzer Anweisung von Mützenfachfrau Vogel per Videokonferenz und im Beratermagazin von Youtube war der Plan geschmiedet und eine Sucht geweckt. Kein Murx, wir haben wirklich halbe Nächte lang bei mir in der Küche gehockt und gehäkelt. Aufgrund von wohlwissenden Hinweisen von Mützenfachfrau Vogel wurde weitgehend auf die Zuhilfenahme von Bier verzichtet und entsprechen durch Espresso aus der feinen Mainzer Kaffeerösterei ersetzt. Ich hätte nie gedacht, dass ein kleines Knäuel Wolle, eine Häkelnadel und der Wunsch nach einer eigenen Mütze zusammen so ein unglaubliches Suchtpotential haben kann!


Highlight zwischen all dem Häkeln war ohne Zweifel eine Scootertour nach Tempelfjorden inklusive der ersten gemeinsamen Einweihung unsers MSR Mutha Hubba. Mittlerweile hat sich das Zelt um einen zweiten Unterboden – footprint genannt - und einen Satz gepimpter Schneeheringe erweitert und freut sich schon auf das große Alaska Abenteuer!


Auf dem Burn Murdochbreen trafen wir und nach einiger Verspätung - die auf die benötigte Siesta des Scooterverleihs zu schieben war - Wes und Max. Manuel und Klesse sammelten ihre ersten Freeride Erfahrungen und wir genossen einen geilen Abend zu fünft im Nirgendwo bei deutschen Bratwürsten vom Einmalgrill, gefrorenem Kartoffelsalat und Röstzwiebeln im Teigmantel.


Am nächsten Tag wärmte die Mittagssonne unsere beiden Zelte schön auf, so dass das Öffnen der fetten Daunenschlafsäcke nicht zur Überwindung wurde. Während Wes und Max noch weitere Freerideträume wahr werden ließen, machten wir uns wieder auf den Rückweg, zurück auf den Tempelfjorden um ein paar Robben zu sehen. Diesmal sahen wir überall auf dem zugefrorenen Fjord die schwarzen Punkte verstreut liegen, die meisten verschwanden jedoch sofort sobald man sich ihnen näherte. Einige Robben waren aber auch von der entspannteren Sorte, so dass wir uns wirklich nähern konnten.



Eine weitere grandiose Nacht verbrachten wir zumindest zeitweise in der Eishöhle im und unterm Longyearbreen. Ganz ehrlich sind wir mit Skiern gen Eingang gestiegen und genossen eine entspannte Kaffepause im Gletscher bevor wir eine kleine Fotosession starteten. Manuel beeindruckte hierbei besonders durch seine ‚Standfestigkeit’ und sein Nicht-Blinzeln innerhalb der bis zu 15 Sekunden langen Belichtungszeit.


Da die beiden faulen Herren sich ja im Urlaub befanden, also frühes Aufstehen nicht wirklich auf der Agenda stand und wir alle drei treue Freunde des gepflegten Frühstücks sind, mussten wir zwangsweise unsere Außeneinsätze auf den Abend bzw. Nacht verlegen. Auch wenn wir uns fast jeden Tag vornahmen es am morgigen Tag früher zu versuchen, waren wir in diesem Vorhaben ziemlich erfolglos und irgendjemand musste dann wieder den Satz der Woche als Argument bringen: „Is’ ja noch hell!“ Damit war jeder zufrieden und so nahmen wir die Zeit wie man die Zeit nur nehmen kann, wenn sie im Endeffekt einfach bumms ist. In Erinnerung wird auch eine Nachtwanderung bei strahlendem Sonnenschein über den Plateaufjellet bleiben. Das Ziel des ganzen Trips mit zwei Pulkas war die kleine Hütte in Björndalen, jedoch standen zwischen uns und der Hütte zwei mächtige Wechten, die wir einfach nicht umgehen konnten. Nach einigem hin und her, einem nicht ermutigenden Schneeprofil und Setzungsgeräuschen im Flachen, kamen wir zu der Einsicht, dass wir den restlichen Teil der Nacht wohl nicht in der Hütte verbringen werden, sondern vielmehr auf dem Rückweg zurück nach Nybyen. Obwohl das ganze Vorhaben ‚Arktischer Hüttenabend’ grandios gescheitert ist, war der Trip an sich doch schon irgendwie lustig.



Am letzten Tag machten wir und zu einem finalen Trip mit Scootern nach Svea auf, um vielleicht doch noch irgendwie einen Bär zu erblicken. Schon auf dem Hinweg trafen wir Leute, die am vorherigen Tag einen gesehen hatten – die Vorfreude stieg. In Rindsbukta trafen wir dann auch wirklich auf super frische Spuren im leichten Schnee, was den Herzschlag nochmal ein wenig beschleunigte. Doch irgendwie war uns das Glück nicht hold und der Bär spielte wohl Verstecken mit uns – und gewann! Auf dem Rückweg in Reindalen und Semmeldalen fanden wir weitere Spuren, die allerdings nicht mehr ganz so frisch schienen.


Nach unserer glücklosen Eisbärensuche kam auch noch das Pech zu uns: Der recht altersschwache Schlitten hatte auf dem Hinweg mit der Anhängerkupplung schon ein wenig gemeckert, mit zunehmender Fahrt löste sich diese immer wieder, was wir immerhin noch mit einem Spanngurt ganz gut kontrollieren konnten. In Reindalen brach dann aber auch noch eine Verstrebung zu einer der Kufen. Ein ausgeklügeltes Gurt-Schlaufen-Knoten-System ersetzte die Verstrebung aber einigermaßen, so dass wir zumindest bedächtig weiterfahren konnten. Unser pfadfinderisches Einfallsreichtum wurde auch noch weiter ausgereizt, als wir unsere Scooter unterwegs auftanken mussten. Leider war mir irgendwie der große Trichter abhanden gekommen, so dass wir uns notdürftig aus der Aluverpackung der Outdoormahlzeiten einen improvisierten Trichter bastelten. Der Hühnchen-Curry Trichter tat seinen Job sowie nach einigen Nachbesserungen auch das ausgeklügelte Gurt-Schlaufen-Knoten-System.


Zwar haben wir keinen Bären gesehen, aber der Trip war ein Kracher und die ganzen 10 Tage bzw. Nächte vergingen wie immer viel zu schnell. Finales Highlight war dann eine Abrechnung auf einer halben Seite Einkaufszettel, wie ich sie noch nicht erlebt hab: Alle offenen Rechnungen des letzten Jahres wurden irgendwie miteinander vertüdelt und weil wir mehr oder weniger übereinstimmten, dass der Klesse am besten mit Zahlen umgehen kann, lag es an ihm, den ganzen Haufen irgendwie zu ordnen. Ich kann nicht beurteilen ob es ein gutes oder schlechtes Zeichen ist, aber auf fast mysteriöse Weise waren wir drei alle mit dem Ergebnis irgendwie zufrieden…

Mehr Bilder gibts wie immer bei Flickr: http://www.flickr.com/photos/39169533@N03/collections/72157623073250213/

Dienstag, 4. Mai 2010

Zwei Königinnen und ein Balthasar


Kurze Richtigstellung zum Anfang:
In einer telepathischen Rücksprache mit dem Sensei hat er mich wissen lassen, dass meine erhaltenen Orden in seiner Sprache vielmehr ‚Biachl’ und ‚Taschl’ heißen.
Nachdem ich mich für diese Fehlinformationen entschuldigt hatte, ging sogleich ein großer heller Stern am Firmament auf, dem umso schneller drei Abgesandte aus dem Abendlang folgten. Ich merke grade, dass Abendland im Vergleich zu meiner bevorstehenden Mitternachtssonne ein recht passender Ausdruck für good old Germany ist…egal. Die Drei Weisen hatte die verzweifelten Bitten meines deutschen Bauches vernommen, Gold und Myrre zuhause gelassen und dafür aber ihre großen Taschen mit einem fröhlichen Haribomix aus der gut sortierten deutschen Metzgerei gefüllt. Neben dem herrlichen Gefühl den Sweedy endlich mal bei mir am Nordpol zu haben, erfreute natürlich auch der Anblick des vollkommen überfüllten (Fleisch-)Kühlschranks. Zudem machten der Dödel mit Rene aka Balthasar die frohe Zusammenkunft in meiner arktischen Scheune perfekt.
Das Wetter machte dankenswerter Weise für die Weitgereisten eine arktische Pause, sodass wir jeden Tage Svalbard bei schönstem Licht genießen konnten. Auch wenn ich sie nicht zum Ski fahren bringen, was eher am bereits verliehenen Studenten Equipment als an der Motivation lag, so waren wir selbstverständlich jeden Tage draußen unterwegs. Alle Befürchtungen vom Dödel zum Trotz ist – oh Wunder – weder ein einzelner Zeh, noch kleiner Finger, ja noch nicht mal eine Nasenspitze abgefroren…

Obwohl ich sicher schon 1000 Bilder meiner Wechten nachhause geschickt hatte, machten wir uns bald zu einer kleinen höchst wissenschaftlichen Exkursion zum Gruvefjellet auf, wo ich die meisten meiner Daten sammle. Wie eigentlich immer zogs wie Hechtsuppe in Vanlenigsdalen, dem kleinen Tal über das wir hoch auf das Plateau kamen, was meiner Meinung nach den arktischen Abenteuerfaktor nur erhöhnen konnte.

Als nächstes stand eine kleine Cabintour auf der Abenteuer-to-do-Liste. So machten wir uns zur recht gemütlichen Björndalenhütte auf und genossen einen entspannten Tag bei Sonnenschein. Dank Einmalgrill und den importierten Nürnberger Rostbratwürstchen wurde das diesjährige Angrillen zu einem Festschmaus mit norwegischen (Kartoffelsalat aus der Plastepackung) und vor allem deutschen Spezialitäten (besagt Rostbratwürste und scharfer Thomy Senf mit Genuss). Leider mussten meine so lieb gewonnen Softshell Handschuhe bitter böse für unser Grillfest bezahlen, als ich amateurhaft in Handschuhen (wegen der Kälte) den heißen Grill in den Wind drehen wollte. So warm Handschuhe auch sein mögen, man merkt erst zu spät, wenn es zu heiß wird und so verabschiedeten sich dann doch 6,5 Handschuh-Fingerkuppen schmelzender Weise…
Als Wiedergutmachung kam dann ein wenig scheuer Polarfuchs am Abend super nah an die Hütte, womit ich auch den wichtigen Punkt ‚Wilde Tiere’ von der Abenteuer-to-do-Liste abhaken konnte. Die ebenso wenig scheuen Schneehühner gabs beim Hin- und Rückweg von der Cabin als Bonuspunkte gratis zum mitnehmen.


Auch der Himmel beglückte uns neben einem Hammer Sonnenuntergang mit einem ganz besonderen Geschenk: Als Rene und ich mal ein feines Kleines aus der Dose vor der Tür genossen, sahen wir einen grandiosen, leicht grünlichen Meteoriten. Kein Murx, aber wirklich genau so wie bei diesen unwirklichen RTL 2 „Dokumentationen“, so geil! Kurze Zeit war er sogar vom Plateau verdeckt, aber so ein derber Meteorit lässt sich davon natürlich nicht aufhalten und kam auf der andren Seite noch schöner wieder raus bevor er über dem offenen Meer in mehreren Pulsen verglühte.


Nächster Tag, nächstes Abenteuer: Die Icecave im Longyearbreen ist auf jeden Fall Pflicht für jeden Besucher. Da niemand irgendwie klaustrophobisch veranlagt war, stand einem entspannten Spaziergang in der Höhle im und unter dem Gletscher nichts mehr im Wege, Kaffeepause inklusive.


Ostern drohte kurzzeitig zum totalen Desaster zu werden, da der traditionelle Hefezopf – versehen mit einer ausgewählten Samenmischung aus dem Hause Mama – einfach nicht aufgehen wollte. Resignierend ließen wir die Sache eine Nacht auf sich beruhen, jedoch auch ohne Ergebnis… Die Erleuchtung kam dann am nächsten Tag beim schon recht verzweifelten Versuch, der Hefe im leicht vorgewärmten Backofen endlich Beine zu machen – mit Erfolg. Noch quasi zu Frühstückszeiten stand dann der duftende Zopf mit ausgefeilter männlicher Flechttechnik auf dem Küchentisch, Ostern war gerettet und Mama stolz auf ihre so fähigen Kinder…


Wie die Eishöhle so ist eigentlich auch der Besuch der alten verlassenen Mine über Nybyen im Pflichtprogramm jedes Besuchers gelistet. Die Mine besticht durch ihre offene, geräumige Bauweise mit Charme fürs Rustikale und begeistert zudem durch ihre einzigartige Aussicht auf Longyearbyen (Quelle Schöner Wohnen…). Am nächsten Morgen nahm ich det Joeline huckepack auf die Hvite Layla und machten uns auf Robben-Safari. Aus dem Tropenhelm wurde ein riesiger schwarzer Scooterhelm und aus dem aufgeknöpften kakifarbenem Hemd ein etwas zu groß geratener Overall im 80er Jahre Design; zumindest die dicke Wumme war am Start. Ariells Papa meinte es sehr gut mit uns, so dass er eine hübsche kleine Robbe zu uns in den Fjord aufs Eis entsandte. Schon von weitem konnten wir den dunklen Flecken auf dem Meereis liegen sehen und in Pirschfahrt schlich sich die Hvite Layla an das Objekt der Begierde heran. Wie nah ist immer noch zu weit weg und wie weit ist wiederum zu nah dran, ist die alles entscheidende Frage. Ein Schritt zuviel und die Robbe verschwindet in ihrem Loch. Von erfolglosen Robbenjägern hatten wir in den Tagen zuvor gehört, dass solang man den Motor des Scooters laufen lässt, man sich ziemlich weit den Robben nähern könnte. Der Grund hierfür wird sein, dass man nicht vom Scooter aus jagen darf, also die Robben Scooter nicht mit Gefahr verbinden. Auf Streichel-Distanz kam ich jetzt nicht ganz, aber immerhin sehr beeindruckend. Später erfuhren wir, dass es eine einjährige Ringelrobbe gewesen war, aha…


Zum letzten großen Abenteuer machen wir uns am bereits vorletzten Tag auf: Scootertour zur russischen Minenstadt Barentsburg, pennen in der Luxuscabin Kapp Laila und auf dem Rückweg noch den kleinen Abstecher in die Minigeisterstadt Colesbukta. Wie immer war das Wetter besucherfreundlich warm und so war diese Tour auch sicher irgendwie die Krönung für die drei wackeren Gesandte aus dem Abendland. Barentsburg fühlt sich irgendwie komisch für mich zumindest an: Da leben vielleicht 500 Russen keine 60 km von Longyearbyen in einem wirklichen Paralleluniversum, während wir hier doch eigentlich ein recht normales Leben können - außer Zweifel an einem komplett unnormalen Ort, aber trotzdem. Hier ist das Leben an sich nicht viel anders als zuhause aufm Lerchenberg und die Jungs dort leben noch irgendwie im Kalten Krieg. Zudem kommen jeden Tag Scharen an Touristen, die sich das auch noch angucken wollen…ein unbeschreiblich komisches Gefühl. Naja wie dem auch sei, in Kapp Laila hatten wir mal wieder einen lässigen Abend, der noch vom Einzug der Bayern ins Halbfinale gekrönt wurde. Kaminfeuer und Meereis vor der Haustür sorgten für gude Laune (Alter). Auch am letzten Tag nochmal durch die verlassenen Häuser von Colesbukta zu gehen hinterließ besondere Eindrücke.

Natürlich kam dann, was immer irgendwann in jedem Urlaub kommen muss und das ist natürlich der Abschied. Mein Zimmer wurde zusehends leerer und irgendwann am Ende fuhr dann auch der Bus die drei Weitgereisten einem neuen Tag entgegen. Ein kurzer Schauer fröstelt mich als ich dem Bus den Rücken zu drehe, in der Ferne jault ein arktischer Kojote sein einsames Lied und irgendwie fehlte nicht nur John Wayne in der Szene… Zumindest hab ich jetzt die gesamten 90 cm meines Studenten-Luxus-Bettes ohne Federkernmatratze wieder für mich…

Donnerstag, 25. März 2010

Der innere Kreis

Auch wenn ich noch nicht viele Ninja Filme gesehen habe (Beverly Hills Ninja – Die Kampfwurst), so ist es doch immer ein besonderer Moment, wenn schließlich der Aspirant seinen Orden in Form einer Medaille erhält. Dadurch wird er in den Ninja-Orden aufgenommen, er ist im inneren Kreis angekommen. Meist kommt er zur Zeremonie in einen abgedunkelten Raum, vielleicht brennt das ein oder andere Räucherfässchen und links und rechts sind große Messingschalen angebracht. Irgendwie sind die Wände oft mit dunkelrotem Samt verkleidet. Aufgebart auf einem kleinen Podest in der Mitte des Raumes liegt dann die heiß ersehnte Auszeichnung.

Gestern Morgen war nirgends roter Samt zu sehen als ich in mein Büro kam, das Licht war auch nicht abgedunkelt und es gab weder Räucherfässer noch riesige Messingschalen. Doch als ich zu meinem Schreibtisch kam (ich hätte gemächlich und ehrwürdig schreiten sollen) lag sie da, meine Medaille, meine Eintrittskarte in den inneren Kreis. Spektakulär vor der Tastatur aufgebahrt lag ein kleiner Spiralblock mit vorbedruckten Blättern zur Schneeprofilaufnahme und zur Aufnahme von Lawinen, im österreichischen Fachjargon ‚Büchle’ genannt. Daneben, in dezenten schwarz gehalten, das ‚Täschle’, eine kleine Tasche mit Reißverschluss, in der alle möglichen Kleinteile für die Schneeprofilaufnahme verstaut sind – Lupe, Rasterplatte, Thermometer, Meter und Pinsel. Ehrfürchtig strich ich über meinen Orden und versprach dem großen österreichischen Sensei ein treuer Ninja zu sein…

Mittwoch, 24. März 2010

Noch mehr Bilder...



...vom Tempelfjorden, Eskerfossen und einer Skitour zum Bingtoppen bei
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Dienstag, 23. März 2010

Kinderrutschbahn und die letzte Wurst von Spitzbergen


Ich muss einiges nachholen, packen wirs an: Wie so oft will ich mit dem letzten Wochenende starten. Die Sonne kehrte endlich nach einem langen, dunklen und mitunter auch recht kühlem Winter auch in die Stadt zurück. Wenn etwas anfängt, hört ja meistens auch etwas auf, und wenn etwas aufhört, ist es meist mit Abschied verbunden. Obwohl ja von sich aus recht dunkel, hat die Zeit ohne Sonne wirklich etwas besonderes. Vielleicht weil ich nie die ganze Polarnacht hier oben war, aber für mich hat die Zeit der Dunkelheit in keinem Fall etwas Bedrückendes. Eher ist es eine spannende Zeit, alles sieht ja im Dunkeln mit ein wenig romantischer Phantasie zumindest ein wenig mystisch aus.


Naja, zurück zur Sonnenwoche. Warum auch immer nutzen die Leute hier die Rückkehr der Sonne als Vorwand eine spektakuläre Art von Seifenkisten-Rennen auf Schlitten zu veranstalten. Ganz Longyearbyen fährt auf Scootern auf die gegenüberliegende Seite des Fjordes und veranstaltet eine lustige Party, bei der sich jeder irgendwie selbst feiert. Jung und Alt kommen zusammen und zelebrieren das Hier und Jetzt. Unglaublich wie viele Scooter es in der kleinen Stadt gibt. Zwei unendlich lange Schlangen ordentlich nebeneinander geparkter Scooter schmücken die Hangseite. Fast hat es den Anschein einer Art Ausfahrt – klar, nicht nur die kleinen Jungs im Stimmbruch wollen ein wenig Eindruck schinden. Jeder Scooter, der zu diesem Zeitpunkt in Longyearbyen verbleibt, ist wohl nicht mehr fahrtüchtig.

Der Hauptevent besteht darin auf irgendwelchen Schlitten im Team den Hang runter zu rutschen, was dann vom örtlichen Komitee unter der fachmännischen Leitung des Priesters bewertet und geehrt wird. Schlitten kann in diesem Fall alles bedeuten, was irgendwie den Anschein erweckt auf irgendeine Art und Weise den Hang auch runter zu kommen. Grundsätzlich kann man von zwei Arten Schlitten unterscheiden: Die erste Gruppe hat die unabhängige Zeitwertung im Auge, was sich deutlich an der ausgeklügelten Bauweise mancher Schlitten widerspiegelt. Die zweite Gruppe schielt mit einem Auge eher auf die so genannte Fiasko Bewertung und wurde wahrscheinlich in der Mehrzahl unter dem Genuss von gekühltem Dosenbier in der Vornacht irgendwie zusammen geschustert. Das olympische Motte ‚Dabei sein ist alles’ trifft hier zu, denn letztlich gibt es nur Gewinner.


Was bei jedem etablierten Dorffest der Bierstand mit Schwenkbratensteaks ist, ist hier oben in Ermangelung guten Bieres und in noch bitterer Ermangelung geilen Steaks, ein kleiner Grill ohne Stand, dafür aber mit norwegischen Qualitätswürstchen (Güteklasse A), heißem Kakao aus Thermoboxen und einem improvisierten Stand mit frischen Pfannkuchen an einer Hütte. Als ich mich endlich nach dem Rennen beim Grill ohne Stand der Schlange anschloss, ahnte ich schon böses. Der Grill war nur noch halb belegt, und es wurden keine neuen Qualitätswürstchen mehr aufgelegt. Je näher ich dem Grill kam, desto wenige Würstchen blieben übrig – Panik! Hat man sich einmal dazu durchgerungen die norwegischen Qualitätswürstchen zu essen, will man nach dem Anstehen natürlich auch eine bekommen. Vom Heißhunger gepackt, stellte ich mich mit dem Wunsch nach 3 Würstchen an. Im laufe der Wartezeit schärften sich meine Sinne und ich reduzierte auf zwei. Als ich schließlich an der Reihe war und an dem kleinen Grill ohne Stand ankam, lagen insgesamt nur noch zwei verlassene einsame Würstchen auf dem Rost, was nach Abzug einer für meine Mitbewohnerin noch eine ganze norwegische Qualitätswurst für mich bedeutete. Hinzu kam, dass die Brötchen bereits ausgegangen waren, sodass mein erbärmliches letztes Würstchen auch noch pur auf einer dünnen Serviette landete. Aber ich will nicht klagen, es war ein besonderes Erlebnis die letzte Wurst gegessen zu haben und sie war mit Sicherheit besser als die erste…



Am nächsten Tag wurde mir bewusst, wie langweilig teilweise doch die deutsche Sprache ist, wirklich jetzt. In Österreich gibt’s Redewendung, da liegt man aufm Boden, Gesicht nach unten und will sich trotzdem noch auf die Schenkel klopfen. Max hatte seine Schwester und zwei Freundinnen zu Besuch was mir als Wissbegierigen die fabulöse Möglichkeit eröffnete eine Unmenge österreichischer Mundarten kennen zu lernen. Gepaart wurde die gar lustre Völkerverständigung mit einem feinen Tripp zum Tempelfjorden. Grundsätzlich läuft im Tempelfjorden auch immer mal der ein oder andere Bär durch die Gegend – Hoffnung - jedoch zeigte sich wieder mal, dass der Dödel immer noch abends dagegen betet… Schad für die Besucher, ich hab mich schon fast mit der verzwickten Situation abgefunden. Der Tripp war davon abgesehen aber von der feinen Sorte mit bestem Wetter. Tempelfjorden ist wirklich eine wunderschöne Gegend, auch wenn es ziemlich zum Touristen Mekka mutiert ist, was zur Folge hat, dass jährlich als Attraktion sogar ein Segelschiff im Fjord eingefroren wird. Auf dem Rückweg fuhren wir noch in Eskerfossen vorbei, einem kurzen, recht schmalen Tal, das in einem gefrorenen Wasserfall endet.


Abschließen will ich mit einem kleinen Vertrauensbeweis. Nachdem mein neuer ABS Rucksack ja bereits bei der erstbesten Gelegenheit unfreiwillig und nicht zufrieden stellend getestet wurde, wurde mir von ABS eine zweite Testpatrone hochgeschickt. Da mir niemand sagen konnte, ob es eventuell für das System doch zu kalt hier ist, blieb nichts andres übrig als den Rucksack den haben Tag mal in der Kälte stehen zu lassen um ihn danach zu testen. Der Test funktionierte ohne Probleme, was mein Vertrauen in die Technik wieder ein wenig hergestellt hat. Jetzt wart ich nur noch auf meine neue CO2 Kartusche und dann kann es wieder losgehen. Bis dahin hat mein Knie auch aufgehört weh zu tun und dann gemma steil.

Lieber Opa, ich will nur nochmal dezent darauf hinweisen, dass ich nicht nur Ski oder ‚Schneefahrzeug’ fahre. Ich mach auch was für meine Arbeit…ehrlich!