Samstag, 7. Juli 2007

Wenn jetzt Sommer wär..


Was ich bei den ganzen Rückblicken ganz vergessen hab, war eine Reihe an ausschweifenden Skitouren bevor ich nach Kapp Linné aufgebrochen bin.
An Johannes letzten Abend haben wir uns zu einer vorerst letzen gemeinsamen Skitour aufgemacht. Verdammisch, so eine fette Zeit geht vorbei, einfach nach der Uni für ne kurze Tour aufzubrechen. Morgens, mittags, abends, Montag bis Sonntag, 24-7. Nun also eine letzte Tschüss-sag-Tour…Eins der sechs streng rationierten Becks aus dem Heimatlande kam mit und hat sich auf den gewohnten Weg hinauf den Gletscher gemacht. Mir wird auch bewusst, mist, in Kürze muss ich auch diesen Weg gehen…und jetzt wo ich diese Zeilen niedertippe, wird mir schon ein wenig schwach ums Herz. Naja aber diese Tour haben wir nochmal richtig genossen, von A bis Z, von Alpha bis Omega. Und zum krönenden Abschluss der Tour konnte ich eines der wohl nördlichsten getrunkenen Becks genießen.


Am Tag der letzten Klausur (wo abgerechnet wird) haben wir, als alles geschafft war, hoch auf den Larsbreen, eine kleine Schanze gebaut. Zu dem befreienden Gefühl nach jeder Klausur kam noch die Leichtigkeit beim Flug eines jeden Vogels hinzu. Der einzige Unterschied vom Skisprung zum Flug eines normal begabten Vogels ist die Landung, die oft so unsanft und relativ plötzlich kam. Besonders die Disbegabtheit und Diskoordination von Körper, Kopf, Füßen und Skiern war bisweilen echt krass. Trotz dessen entstand manchmal eine Harmonie aller Komponenten und es sah fast gekonnt aus. Mitunter kam es zu recht lustigen Sprüngen, wenn man sich vorher etwas vornimmt und einen quasi auf der Schanze der Mut, das Gefühl für die Bewegung oder gar beides (ganz schlecht) verlässt. Vor allem bei Drehungen, wo man vor der Schanze schon mit der Bewegung anfangen sollte, kann so einiges schief laufen. Und schnell werden aus angepeilten 180° nur 90° und Mann stoppt recht ruppig quasi bei der Landung oder es werden einfach mehr als 180°, die aber das gleiche Stop(p)-Erlebnis mit sich bringen.


Eine weitere fette Tour, die ohne weiteres in die Top 5 von Spitzbergen einzuordnen ist, hab ich direkt vor Kapp Linné gemacht. Schon einige Male hab ich mich auf den Weg zum Nordenskiölden toppen gemacht, aber entweder haben wir uns anders entscheiden, eine andere Route gewählt oder aber das Wetter hat nicht weiter mitgespielt. Jetzt sollte alles klappen. Das geile am Berg, dass er nämlich ein bisserl höher ist als die Umgebung, ist man beim Aufstieg fast am bereuen - der dauert nämlich um einiges länger.

Unglaublich warm war die Sonne. Krass noch vor ein paar Wochen hab ich ganz schön was beim hoch latschen angehabt und jetzt…ein Woll-Longsleave und die Sonnenbrille! Ich kann mich an wenige Orte erinnern, wann ich mal sooooo weit sehen konnte - bis zum Nordpol und auf der andern Seite wieder runter. Von oben konnte ich noch mal mein kleines Tal bewundern, so klein aber fein; jedes Mal, wenn man irgendwohin läuft, sieht man wieder etwas Neues. Die erste rosa Blume am Wegesrand, ein paar frische Grashalme oder einfach nur die Banane vom letzten Herbst, die den Winter unterm Schnee verbracht hat. Aber wieder zurück zum Berg. Am Gipfel genießen wir nach dem ganzen Winter die warmen Sonnenstrahlen. Wenn Eivind nicht noch arbeiten müsste, ich wäre wohl noch auf dem Gipfel - bis die Sonne am Ende wieder untergeht. Aber trotz der ganzen Sonne und dem sich anbahnenden Frühling Schrägstrich Sommer, will und kann ich mich mit dem Gedanken (noch) nicht abfinden, Schnee wohl bis November oder gar Dezember nicht mehr sehen zu können, wenn ich diese Insel verlassen muss. Irgendwie werde ich beim Schreiben schon traurig. Komisch, aber auch das taube Gefühl in den Fingern, wenn man bei Wind und 10, 15 Grad Minus seine Felle oben am Berg abmacht fehlt, wenn man nicht fühlt, ob alle Finger wieder im Handschuh sind…und das schmerzende Kribbeln, wenn nach vielleicht zehn Minuten die Finger und Hände wieder auftauen. Man möchte am liebsten schreien, aber erstens hilfts ja nix und zweitens hört einen ja auch niemand…komisch, aber das sind Sachen, die mir wohl fehlen werden. Also wieder zum Berg zurück. Traumhaft…auch wenn der Schnee nach unten nicht mehr ganz so gut ist, wie noch vor oder nach Ostern, aber das Gesamtkonzept stimmte halt einfach total.

Keine Kommentare: