Montag, 22. Januar 2007

Eine imaginäre Lawine und die schlechteste Pizza der Welt

Schon lustig irgendwie in einer so kleinen Stadt: Innerhalb einer Woche werden einem manche Personen mehrfach vorgestellt, aber immer in anderen Positionen. So hielt am Montag beim (für mich) ersten Treffen des Roten Kreuz von Longyearbyen der nette Mann vom Schießstand einen kleinen Vortrag über Lawinenverschüttetensuche. Nur schießen reicht halt doch nicht! Naja am Samstag stand dann eine große Rettungsübung an, bei der wir als freiwillige Helfer mitmachen durften. Allein für so eine Übung würde man in den Alpen oder sonst wo mit Sicherheit eine Menge Geld von dannen ziehen lassen müssen, hier ist es einfach eine große Übung am Wochenende mit Freiwilligen.
Treffpunkt am Roten Kreuz ist gemäßigte 10.00 h, doch leider ist das Rote Kreuz ein wenig weiter weg und wir haben kein Auto – also eine knappe Stunde laufen. Vorher noch Essen machen für den ganzen Tag und alle möglichen Klamotten zusammenpacken. 10.00h erscheit immer unmenschlicher zu werden!
Als wir dann endlich die Station erreichen werden wir unterrichtet, dass eine imaginäre Lawine in Nybien abgegangen ist und drei Leute verschüttet worden. Nybien? Ja, ziemlich genau 100 m hinter meiner Behausung…Zum Glück werden wir aber von einem der Raupenfahrzeuge den ganzen Weg wieder zurück gebracht. In der Zwischenzeit haben die fünf Wanderer, die den Notruf abgegeben haben, das erste Opfer (mit Lawinenbeeper ausgestattet) bereist geortet und zumindest die Atemwiege frei gemacht, sprich: der Kopf ist ausm Schnee und der Gude kann atmen. Dann geht’s auch für uns los. „Zufällig“ ist die imaginäre Lawine in einem verdammt steilen Abschnitt abgegangen. Wir formieren uns zu einer fünfköpfigen Reihe mit dem Abstand der auseinander gestreckten Arme und laufen mehr oder weniger geschickt im steilen Gelände nach oben um eventuelle Teile von Opfern oder Kleidungsstücke zu erkennen. Oben wird kehrt gemacht und das ganze versetzt nach unten wiederholt. Um es kurz zu machen – es ist sau anstrengend! Unsere Rucksäcke mit dem ganzen Gepäck haben wir natürlich (damit es möglichst realitätsnah erscheint) die ganze Zeit auf, auch um den imaginär unterkühlten Opfern (sollten wir sie finden und sie überleben) etwas Warmes zu geben. Die eigentliche Suche des Roten Kreuzes ist auch voll im Gange: Überall stehen kleine Gruppen mit Lawinensonden im Hang und durchlöchern den Schnee. Wird ein Opfer ertastet ertönt ein Schrei und ein paar Leute mit Schaufeln eilen herbei um den Verschütteten zu befreien. Dann wird wiederum nach dem Schlitten gerufen und drei Leute versuchen ohne das Gleichgewicht zu verlieren mit dem Bergeschlitten den Hang hoch zu ziehen. Das ausgebuddelte Opfer wird in der Zwischenzeit mit einer Art Thermo-Schlafsack (Jervenduk) vor weiter Auskühlung geschützt und schließlich mit dem Bergeschlitten sicher gen Tal gebracht.
Trotz aller Organisation zeigt sich, dass wenn man irgendwie greifbar ist und einer schreit natürlich zur Hilfe eilt und stochert, buddelt oder den Schlitten begleitet, wenn auch nur um auf die blöde Plastikpuppe, die sowieso nicht atmet und dies voraussichtlich auch nie tun wird, aufzupassen. Erschreckende deutlich wird, dass das zumindest bei uns als „Sicherheitssystem“ mehr oder weniger bekannte Recco (in Skijacken oder ähnlichem) sehr wahrscheinlich nicht dein Leben rettet. Recco ist ein passives Suchsystem, dass einfach nur das Signal des Recco-Suchgerätes reflektiert (wie auch ein Handy). Man selbst kann aber damit nichts anfangen, also nicht aktiv nach einem Verschütteten suchen. Vielmehr wird das ganze System genutzt, wenn die bisherige Suche mit Lawinenbeepern und Sonden nicht erfolgreich war. So wurde unsere Opferpuppe mit Recco erst nach 1.55 h Stunden nach dem Notruf überhaupt gefunden. Allgemein geht man davon aus, dass man bis zu 15 Minuten eine mögliche Überlebenschance hat. Alles danach ist sehr unwahrscheinlich.
Was lernen wir daraus: Es ist nicht die Lawinenrettung, die im Falle einer Lawine dein Leben rettet, sondern der Kumpel der mit dir Ski gefahren oder gewandert ist und nicht verschüttet wurde. Voraussetzung ist natürlich, dass beide neben Schaufel und Sonde auch einen Lawinenbeeper bei sich tragen. Ich werde mir in Kürze (bis meine Ski endlich hier oben sind) alles zulegen oder ausleihen.
Aber am besten ist es wohl nie in eine Lawine zu kommen…
Abschließend gab es noch eine detaillierte Einsatzbesprechung im Hauptquartier auf Norwegisch. Als der Unmut der Freiwilligen aber so groß wurde, sprang ein der englischen Sprache Mächtiger ein und erzählte, dass es sich hier um einen Bilderbucheinsatz gehandelt habe und keine größeren Mängel festzustellen waren. Schön! Endlich gab es die vielfach versprochene Pizza für alle, die deutlich erkennen ließ: Italien ist ganz schön weit weg! Ziel ist es hier wohl, möglichst viel Käse auf die Pizzen zu packen, der möglichst wenig mit Mozzarella gemein hat. Obendrauf gibt es dann noch einen in einer kleinen Plastikdose gelieferten fettigen Cremedipp…wohl bekomms.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Diese Pizza muss man ja runterwürgen, da geht ja gar keiner!!!

Lass dich nicht von ner Lawine erwischen (a bit scary!!!).

Hau rein!