Mittwoch, 6. Mai 2009

Das merkwürdige Verhalten geschlechtsreifer Inselbewohner zur Frühlingszeit

Vor ein paar Tagen hat das Thermometer aus unerfindlichen Gründen einen derartigen Glückssprung hingelegt, dass es knapp bei 0°C stehen blieb. Das daraus folgende Ergebnis ist krass zwiegespalten: Während die einen hysterisch auf den langsam schmelzenden Schnee auf den Straßen reagieren (in der Angst die Skisaison sei bald beendet), sieht man auf der anderen Seite plötzlich Leute, die innerhalb von Stunden ihr gesamtes Outfit verändern haben. Jetzt ist Frühling – also Winterschrank zu und Frühlingsschrank auf! Statt globiger Scooterboots werden schlanke Sportschuhe getragen, der riesige Thermooverall wird durch Jeans, Polohemd & Jäckchen ersetzt und Monsterhandschuhe, Gesichtsmaske und Robbenfellmütze werden durch eine einfache Sonnenbrille ausgeglichen – und dabei ist immer noch so kalt, dass in Deutschlang niemand ohne dicke Jacke, Schal und Handschuhen den Müll raus bringen würde. Der Frühling steht vor der Haustür, aber nicht alle hier oben wollen ihn mit Narrhallamarsch hineinlassen. Zum Glück gibt’s hier noch keine BILD, sonst wär die Schlagzeile ‚Global Warming – heute geht’s los’ oder so nicht mehr fern. Die Wahrheit über den Frühling wird wie so oft im Leben irgendwo in der Mitte liegen: Weder ist es so kalt wie im Winter, trotzdem ists auch noch nicht wirklich warm. Ich denke in ein paar Wochen hat sich das ganze ein wenig eingependelt: Der Polohemdenträger (oder er ist ein zäher Kerl) wird einsehen, dass seine Zeit noch kommen wird, der traurige Skifahrer wird begreifen, dass doch noch genügend Schnee für ihn rumliegt und er das Ende der Saison noch nicht heute einläuten muss. Trotzdem ist es ein komisches Bild zu sehen wie alle Leute irgendwie merkwürdig auf die ersten einstelligen Minusgrade reagieren: Sei es, dass das kleine Café Stühle in die Sonne stellte, dass die Leute bei Kroa auf dicken Rentierfellen schon das ein oder andere Bier im ‚Biergarten’ zu sich nehmen oder aber lediglich mit einem Longsleeve unter der Jacke zum Skifahren gehen. Was aber einen Studenten, den ich von meinem Fenster aus sah geritten hat übermütig in kurzer Hose und T-Shirt über die Straße zu marschieren, kann und will ich nicht verstehen – sooo heiß ists hier jetzt auch wieder nicht, echt nicht!


Meinen zwei erfrorenen Fingern geht’s auch wieder ganz gut, vielleicht verkürzen ja die aufkommenden Frühlingsgefühle die Regenerationszeit. Siehste Mama, kannst stolz sein, pass ich immer gut auf und meine Hände werden nicht so enden wie unzählige Zehen beim Reinhold Messner…nur soviel zu beinahe alltäglichen Familienkonversationen: Bei quasi jedem Bild was ich gen Heimat schicke, kommen postwendend Fragen zurück wie ‚Hast dir wieder die Finger erfroren’, ‚Mensch, Stephan, deine Backen sehen aber rot aus – die sind doch sicher erfroren’ oder aber auch ganz hoch im Kurs ist ‚Deine Nase ist ganz rot – nicht dass dir da mal irgendwas abfriert’.


Was neben den ganzen Wettereskapaden bleibt ist die Feldarbeit. Nachdem ich mich mit der einen Kamera ausgesprochen hab und wir abgeklatscht haben, macht sie ihre tägliche Arbeit mit stoischer Ruhe und Gelassenheit. Gestern früh war ich wieder mal da, ein kleines Gespräch, ein bisschen Zuneigung zeigen und natürlich schließlich die Speicherkarte auswechseln. Das ist irgendwie immer ein komisches Gefühl – man hat zwar jetzt die neue Karte in der Hand, aber eine wirkliche Sicherheit, dass der ‚Kamerat’ (großes Wortspiel) auch brav seine Arbeit erledigt, hat man natürlich nicht. Gestern verlief aber alles zu meiner vollsten Zufriedenheit – so kanns weitergehen.

Heute ist die zweite Kamera dran, die oben direkt die Wechten an der Kante des Plateaus aufnimmt. Leider ist die Auflösung nicht so gut wie gehofft und nicht alle eingebohrten Bambusstäbe sind wirklich zu erkennen. Dann muss ich halt automatische Kamera spielen und alle paar Tage hochdappen und Detailbilder machen. Das ganze hat den positiven Beigeschmack, dass man sich einen besseren Überblick verschaffen kann und gleichzeitig noch dickere Waden bekommt. Ist quasi Bibliothek und Fitnessstudio in einem Überraschungsei – Schoki gibt’s oben als Stärkung (jaja bei Feldarbeit ess sogar ich Schokolade). Was die Schokolade betrifft ist es ganz eigenartig: Während ein Schokoriegel oder so zuhaus quasi die Anziehungskraft einer ungekochten Nudel auf mich hat, sieht das bei der Feldarbeit schon wieder anders aus. Macht also Skitour und Kälte aus einer ungekochten Nudel eine mediterrane Pastakreation – Mann weiß es nicht…


Heute Abend werden wir auch einen zweiten Versuch starten Ullis kleines geniales Flugzeug mit Kamera unten am Rumpf neben, über und unter meinen Wechten fliegen zu lassen. Nachdem der erste Versuch eher durch die beiden Abstürze als durch scharfe Luftaufnahmen glänzen konnte, bin ich jetzt jedoch recht optimistisch das Ding in der Höhe seine Kreise ziehen zu sehen. Wenn alles klappt, gibt mir das die Möglichkeit die Wechtenentwicklung zusätzlich zu den beiden Kameras auch aus der Luft zu verfolgen. Geplant sind mehrer Flugsession im Abstand einiger Wochen, also mehr Daten für den Vogel.
Abschließend noch was aus dem stets lustigen und skurrilen Kapitel ‚Familie Vogel und die Technik’: Es ist ja allseits bekannt, dass die gesamte Familie ohne mit der Wimper zu zucken in die Kategorie Technik-Legastheniker einzuordnen ist, was sich auch in mehr oder regelmäßigen Abständen immer wieder bestätigt. Angefangen von der Mechanischen Schreibmaschine, der der Papa wohl immer noch den Vorzug vor jedem Computer geben würde, dem ach-so-tollen DVD Recorder, den niemand aus der ganzen Familie bedienen kann zu dem DVD Player der ein geschlagenes Jahr bei uns rumstand, nur weil keiner in der Lage war ihn anzuschließen…ich vergas den oder die Scanner... In der neusten Folge spiele ich die Hauptrolle, einen schwarzen iPod nano mit 8 GB in der Nebenrolle. Vom Hersteller Apple wird allgemein gesagt, dass die Produkte selbsterklärend seien – um eines vorwegzunehmen: Sie sind es nicht. Jetzt hab ich diesen tollen iPod (er sieht wirklich sehr schön aus), doch kann ich ihn noch nicht richtig bedienen. Ich höre schon all die Häme, aber immerhin hab ich nach längerer Testperiode und eingängigem Studium der Bedienungsanleitung es geschafft schon das ein oder andere Lied wie gewünscht wiederzugeben!!!



1 Kommentar:

Oli hat gesagt…

du bist ein depp! :-) ein ipod worst selbst du noch bedienen können (hatte ich zumindest gedacht...)