Sonntag, 26. April 2009

Das Leben in einer Postkarte und die etwas andere Beachparty


Egal wo man sich hier oben befindet – macht man die Augen auf entdeckt man quasi ein Postkartenmotiv. Ob man das Motiv dann auch noch fototechnisch so umsetzten kann, dass daraus eine Postkarte werden könnte ist eine andere Frage. Aber man sieht ja mit dem Herzen (3 Euro ins Frasenschwein) und da sieht nun mal überall Postkarten vor sich hängen. Vielleicht liegt es auch daran, dass seit ich hier bin quasi die ganze Zeit schönes Wetter ist und man die eh 24h scheinende Sonne ständig sieht am blauen Himmel – und auf den meisten Postkarten ist halt schönes Wetter. Wahrscheinlich scheint auch auf Postkarten von den Farör-Inseln immer die Sonne, obwohl es wohl nur regnen soll. Naja egal, jedenfalls muss man sich das hier immer mal wieder bewusst machen wenn man aufm Scooter sitzt oder auf Skiern den Berg hoch dappt – schön ists wirklich überall.

Wie böse das Schöne am Schönen auch sein kann, merkte ich letzte Woche: Bin abends mit Pia nochmal hoch zum Trollsteinen gestiegen. Die Nacht davor hatte ich mich schon mal allein auf den Weg gemacht um ein bisschen frische Luft zu schnappen und ein wenig die Beine zu benutzen nach einem bewegungsarmen Tag vorm Pc. Jedenfalls war ich gegen Mitternacht auf einem kleinen Bergrücken und die Sonne sah so Hammer aus – richtig feurig golden und alles spiegelte sich auch noch auf dem noch immer zugefrorenen Fjord. Leider hatte ich genau dieses eine mal nicht meine lieb gewonne Kamera am Start, so musste wieder mal nur das Herz die Aufnahme machen. Trotzdem neuer Tag, neuer Versuch – mit Pia hoch zum Trollsteinen. Oben aufm Grad wars plötzlich so brutal zugig, da merkt man erst mal, dass es doch recht kalt ist und das ganze kein Kindergeburtstag ist. Das größte Problem am Fotografieren ist hier oben meist das Foto zu machen. Die Kameraknöpfe sind aus unerfindlichen Gründen nicht mit drei Paar Handschuhen und eventuell noch kalten Fingern zu bedienen. Jetzt fängt der Teufelskreis an: Kann man mit all den Handschuhen die Knöpfchen und Rädchen nicht bedienen, muss man ein paar Handschuhe ausziehen. Dadurch werden die Finger wieder kälter, was dazu führt dass man bald auch so keine Bilder mehr machen kann, weshalb man dann das zweite Paar auszieht. Nun hat man nur noch ganz dünne Innenhandschuhe, die natürlich alleine weder warm sind, noch den Wind abhalten. Zumindest kann man so noch Bilder machen, aber je besser das klappt, desto steifer und unbeweglicher werden die Finger. Jetzt ist die Bonusfrage: Bilder oder kalte Finger und wenn es so schön ist wie die glühende Sonne, die sich über dem Fjordeis spiegelt, tendiert man schnell zu kalten Fingern. Es ist ja nicht so, dass ich nicht weiß, dass kalte Finger scheiße sind, vor allem wenn sie schon mal sehr kalt waren zuvor. Hat man sich die Finger erst einmal erfroren, sind die dummen Dinger viel sensibler, was die ganze Foto/Finger Geschichte nicht gerade leichter macht.


Ein paar Minuten nach Wegpacken der Kamera und der Finger in all die Handschuhe zurück, bekommt man dann umgehend die Rechnung für sein tollkühnes Vorgehen geschickt in Form von aufwachenden Fingern. Bah das geht durch und durch - genau dann verflucht man wieder seine törichte Entscheidung pro Foto. Meist ist zuhause im Warmen die ganze Sache vergessen und man erfreut sich an den schönen Bildern, es sei denn man übertreibt es ein bisschen und die Finger haben so kleine Erfrierungen bekommen. Istn blödes Gefühl mit den bitzelnden Fingern zu tippen, besonders wenn man (wie ich) nur ein ausgeklügeltes vier bis fünf Finger Schreibsystem einsetzt.


Gestern Abend war ich auf der Geburtstags-Beachparty von Ullli. Der gude Mann hat sein trautes Heim außerhalb der lauten Metropole Longyearbyens errichtet; doch um der Zivilisation nicht ganz entschwunden zu sein, ist keine 200 m hinter dem Haus der beschauliche Flughafen. Quasi im Hintergarten (gibt’s so was überhaupt? Oder kann man nur einen Vorgarten haben?) ist die Landebahn. Zum Glück herrscht ja nicht so ein Verkehr wie in Frankfurt – vergleicht man aber die Größe Longyerabyens mit der von Frankfurt, geht’s ähnlich hektisch hier oben zu. Im Vorgarten von Ullis Heim liegt der malerische noch zugefrorene Fjord. Dor wer mit Beachparty Strand, Bikini, Palmen und Cocktails in Verbindung bringt, den muss ich enttäuschen - der ‚Strand’ liegt noch im Winterschlaf unter Schnee und Eis, die Bikinis sind durch überdimensionale Daunenjacken ersetzt, die Flip Flops durch monströse Scooterboots und die Cocktails durch nur noch halbflüssiges da gefrorenes Bier. Das Lagerfeuer ist aber untrügliches Indiz einer jeden Strandparty - ob hier oben oder im Süden da unten. Mittlerweile geht die Sonne gar nicht mehr unter und so schaute sie uns den ganzen Abend scheinend zu und wanderte einfach nur von links nach rechts übers Meer. Irgendwie passen auf den ersten Blick Lagerfeuer, Grillen und Bier nicht gerade mit grellem Sonnenschein zusammen, aber erstens hat man ja Sonnenbrillen und zweitens kann man sich an fast alles gewöhnen. Norweger haben die komische Angewohnheit dem Geburtstagskind einfach zu gratulieren wenn sie ankommen oder gehen (oder beides) – obwohl in den Geburtstag noch reingefeiert werden muss. Verstehen muss man das nicht und erklären, dass das bei uns Unglück bringt, kann man ihnen das wohl auch nicht. Naja seis drum – grandios war der abschließende Marshmellowbattle, der nur Sieger (wir) und Besiegte (Marshmellows) haben konnte.

Wider Erwarten scheint heute mal wieder die Sonne und so steht einer schönen Skitour als passender Wochenendsausklang nichts mehr im Weg. Irgendwie krass, wo kann man das schon – Strandparty und Skitour an einem Wochenende am selben Ort?!



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