Donnerstag, 15. März 2007

Learning English und Frühlingsgefühle




Eieiei, ist schon wieder nichts geworden mit einer kleinen oder größeren Tour in den letzten Tagen. Zuerst ist das Thermometer sprunghaft auf um Null Grad angestiegen, so dass sogar alle UNIS-Exkursionen bis auf weiteres „auf Eis“ gelegt wurden - auf Grund der zu hohen Lawinengefahr. Einen Tag nach der Meldung an alle Studenten von unserm zuständigen Sicherheitschef an der Uni ist dann auch noch ein Raupenfahrzeug ins Meereis eingebrochen, das offensichtlich noch nicht mächtig genug war…
Letzten Donnerstag sollte hier das große Sonnenfest stattfinden, die Sonne sollte mittags zum ersten Mal die Ortskirche treffen – sollte... Aber leider hatten wir kein Glück mit dem Wetter und vier Tage hing dichter Nebel bei uns im Tal – war wohl zuviel für die Sonne. Als das Wetter am Wochenende endlich Besserung versprach, sich auch die Temperaturen wieder auf ein gemütliches Maß von 7, 8 Grad minus eingependelt hatten und alles zu passen schien, verbrachte ich die Tage als verantwortungsvoller und gewissenhafter Student vor meinem Laptop, um einen ausführlichen Laborbericht zu schreiben. Lustigerweise war ich in einer Gruppe mit einer Finnin und in Finnland benutzen die Finnen offensichtlich weder Artikel noch Präpositionen…eigentlich bestehen die Sätze nur aus dem essentiellen Verb (was aber auch meistens vereinfacht als 'tun' oder 'machen' niedergeschrieben wird) und einigen Nomen. Manchmal werden quasi aus einer Laune heraus noch einige Zusatztüdelwörter eingefügt, was dem Ganzen dann einen besonderen Charme verleiht.
Die gude Frau ist leider bzw. zum Glück letztes Semester schon hier und kennt sich ein bisschen mehr mit allem hier aus. Deshalb hat sie auch gleich mal angefangen fröhlich und munter drauflos zu schreiben. Etliche Tage und unzählige Seiten später wollte ich mir mal alles von ihr Verfasste zu Gemüte ziehen – baaaaaam, mich traf der Schlag! Jetzt lag es also an mir den ganzen Schmarn, über den ich ja eigentlich noch nicht sooo viel wusste ins Englische zu transferieren. Eigentlich musste ich mir ja nach Jahren Englisch Leistung bei der kleinen Frau keine Gedanken machen…eigentlich!
Sieben Seiten lagen vor mir, doch nach 5 Minuten musste ich schon zum ersten Mal der finnischen Schreibemuse Tribut zollen und mir eine neue Taktik überlegen. Nur mit auf den ausgedruckten Blättern einzelnen Worten einfügen war es leider nicht getan.
Aus Minuten wurden Stunden, aus denen wurden Tage und dann kam das Wochenende mit herrlichem Wetter, und Vogel saß immer noch vor seinem Laptop und beneidete alle Leute, die vor seinem Fenster hinaus in die Berg zogen. Ich sah die Leute am Morgen hinaufstapfen und am Abend wieder hinunter cruisen, nur um sie am nächsten Morgen wieder hinaufstapfen zu sehen. Was ein Wochenende…
Zwischenzeitlich stellte sich sogar eine Art Galgenhumor ein, wenn man über die Situation und die Wortwahl doch ein wenig schmunzeln muss. Ungeschickterweise musste ich aber nach dem ganzen Intermezzo ja auch noch meinen Part abfertigen…
Aber auch diese Wochenenden gehen zu Ende und so hab ich gestern früh müde endlich einen Stapel Papier mit unzähligen Graphen mit ganze vielen Korrelationspfeilen dazwischen abgegeben.
Um diese Korrelationspfeile ging es nämlich unter andere: Wir hatten an einem Marinen Tiefsee-Sedimentkern direkt am Anfang des Semesters verschiedene Messungen gemacht, Proben genommen und die wiederum die ganze Zeit über nach mehreren Gesichtspunkten gezählt und ausgewertet. Dann wurde das Ganze wiederum in den Zusammenhang mit dem ganzen Kern gebracht und den ganzen Kern wieder mit einem weitern…naja hört sich vielleicht komisch an, ist aber im Endeffekt wirklich super interessant. So bekommt man mal mit, aus wie vielen Messergebnissen man etwas ableiten kann, wie verschiedene Abläufe zusammenhängen und wie überhaupt alles von statten geht. So was Ähnliches hab ich in Mainz nie gemacht und irgendwie will ich auch nicht mehr zurück – zumindest nicht an die Uni. Das ist so ein großer Unterschied was die Qualität der Lehre und den Möglichkeiten hier gegenüber betrifft. Ich hab drei Jahre jetzt studiert und wusste im Prinzip ja nix über globale Zusammenhänge oder Prozesse. Irgendwas läuft da falsch und irgendwas anderes muss geschehen, denn so geht’s nicht weiter…

Was auch ein ziemlich gutes Konzept ist, dass ich hier in einem Kurs ein eigenes Projekt mir aussuchen darf, das ich dann ca. 3 Wochen bearbeite und nachher als Term-Project abgebe. Dazu kann ich quasi alle Gerätschaften der Uni benutzen…und davon gibt es einige. Letzte Woche haben wir zum Beispiel ein größeres teilweise künstlich geformtes Bachbett mit Theodoliten vermessen, nachher alle Daten in die Computer übertragen, um am Ende eine richtige Simulation des Bachbettes zu erhalten.
Gestern hatten wir noch eine richtig gute Exkursion von meinem zweiten Kurs (Physikalische Geographie von Svalbard). Aber vor der Uni wartete nicht wie in Deutschland oder sonst wo auf der Welt der Reisebus auf die Studenten, sondern ein Raupenfahrzeug mit angehängtem Abteil!
So ging es los in diesem ungefederten Gefährt die Umgebung nach Auswirkungen des Permafrostes auf die Bodenoberfläche zu durchforsten. Glücklicherweise gibt es in Spitzbergen da einige Phänomene: Ice wedges und Pingos, das sind isoliert stehende mit Gestein bedeckte Hügel, die aber einen Eiskern haben. Wer mehr wissen will, einfach mal bei Wikipedia eingeben…Im Prinzip fuhren wir wirklich von Hot Spot zu Hot Spot, überall was Besonderes, hier eine kleine Variante von dem Vorherigen und dort das – so muss das sein. Interessant ist auch, dass im Prinzip noch nicht alles über die Genese der Pingos bekannt ist. Es gibt also noch was zu tun!

Zur guten Laune der Exkursion trug nicht zuletzt auch die Sonne bei, die uns den ganzen Tag ins Gesicht schien. Ach, das tut richtig gut, die Sonne wieder zu haben, auch wenn die manchmal ganz schön blendet, weil das Licht halt überall reflektiert wird. Wenn die Sonne höher steht, muss man halt ne Luis Trenker-Gedächtnisbrille haben. Stylisch!
Am Wochenende fahre ich hoffentlich - wenn es das Wetter zulässt – nach Barentsburg, eine russische Minensiedlung, um gegen die russischen Minenarbeiter Volleyball zu spielen…

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