Mittwoch, 10. Januar 2007

Endlich da..oder da, wo niemand hin will

Servus,
endlich komme ich dazu diesen Blogg als meinen treuen Gefährten für das nächste halbe Jahr richtig einzuweihen. Wow ist viel in den letzten Tagen passiert. Aber alles von Anfang an.

Rückblick: Irgendwann im letzten Jahr entscheide ich mich für ein Auslandssemester in Spitzbergen, der nördlichsten bewohnten Insel der Welt. Damals ahnte ich weder was auf mich zukommen wird, wie müde Dunkelheit macht, was man dagegen alles verzweifelt versuchen kann, noch dass die hiesige Uni mit ca. 80 Studenten (alle vier Fächer zusammen…) auch noch sehr klein ist. Nach wochenlangem Warten kam dann schließlich Ende November die die herbei gewünschte Zusage, ab 8. Januar hier oben studieren zu dürfen. Also, schnell zum Sine und arktistaugliche Klamotten kaufen. Doch leider machte mir die geographische Lage Deutschlands im warmen Zentrum Europas einen fetten Strich durch die Rechnung. Nach unzähligen Tagen auf der Suche nach geeigneter Kleidung wurde aber diese Hürde durchaus souverän genommen. Für den wesentlich uninteressanten Teil wie Versicherungen, Flug usw. konnte ich aber zwei Personen unseres Haushalts überreden.

Also, es ist Mittwoch der 3. Januar und ein vollkommen überbepackter Vogel steht samt Trauergemeinde am Frankfurter Flughafen. Aber auch dieser Weg verspricht nicht leicht zu werden - das Gepäck ist ein bisschen sehr zu schwer. Ein bisserl Lächeln da, ein bisschen Geschwafel vom Papa hier und aus meinen mindestens 13 sind 8 Kilo Übergepäck übrig. Nach einer ungemütlichen Nacht in Oslos Flughafenhotel, wo man für eine einfache Tomatensuppe 10 Ro löhnen muss, genieße ich am morgen die ersten und wohl letzten Sonnenstrahlen für die vor mir liegende Dunkelheit. Im Flugzeug bekomme ich beinahe beim trauernden Blick zurück in die Sonnen einen scheppen Hals. Zwischenlandung in Tromsö, der Anteil der Wanderschuhe erreicht ihren prozentualen Höhepunkt.

Irgendwann zwischen Einschlafen und Aufwachen setzten wir zur Landung in Longyearbyen an. Strange so eine Landebahn ohne Stadtbeleuchtung herum…das erste das ich von Spitzbergen sehe ist eine Sternschnuppe. Das fängt ja freundlich an.
Weil Spitzbergen eben Spitzbergen ist, will auch niemand irgendeinen Ausweis sehen. Nach dummem Herumgestehe kann ich in der fremden Menge ein junges Mädel mit dem Logo meiner Uni sehen. Mit Bussen werden wir abgeholt, ein durchaus komisches Gefühl mach sich in der Magengegend breit: Es erst 15.00 h und trotzdem stockfinster. Na das kann ja was werden für einen Möchtegern-Italiener…

Die nächsten zwei Tage vergehen relativ schnell. Überall sind neue Leute die alle irgendwie auf ihre Weise krasse Sachen gemacht haben oder wenigstens schon mal die Idee dazu hatten. Wenn mein norwegisch sich doch nicht nur auf die Frage beschränken würde, ob man hier zelten kann – ich würde soviel mehr verstehen…Großartig war die Reaktion eines Italieners aus meinem Haus als er in unserer Küche eine Weltkarte sieht: Total entgeistert schaut er auf diese Karte und als er Spitzbergen findet meint: „Man, ist’s the fucking northpole…“
Obwohl sich das Wetter von seiner guten Seite mit fast sommerlichen 3 Grad unter null Zeit zeigt wird aber auch ganz schnell klar, dass man selbst bei diesen Bedingungen nicht einfach so vor die Tür gehr. Der Weg zum Einkaufen hin dauert zwar nur eine knappe halbe Stunde, wird hier aber zum kleinen Abenteuer! Nachdem Einkaufen können wir schon mal einen kleinen Blick in meine neue Uni werfen. Jene hat die besondere Form eines Raumschiffes und hat sogar einen Architekturpreis bekommen. Mit großer Sicherheit ist dies die abgespaceeste (?) Uni der Welt. Man muss vielleicht sagen dass sie ohne die Subvention von Norwegen wohl nicht dort wäre…im Eingangsbereich, der wie der gesamte neuere Komplex aus Holz besteht, hängt ein statt einem Plakat ein überdimensionaler Flatscreen-Bildschirm der einfach Fotos von Exkursionen zeigt, 24-7.

Gestern, dann der erste Tag: Wie ein kleines Schulkind am ersten Tag kann ich die halbe Nacht nicht schlafen und muss mich morgens mit dem bösen Gedanken auseinandersetzten, dass egal wie lang ich noch im Bett bleibe es nicht heller werden wird. Was wir dann erleben, ist gefühlsmäßig nur schwer zu überbieten. Der Chef der Uni und ein paar andere (wohl auch neben dem Mienenchef) die wichtigsten Herren der Insel erwiesen uns ihre Ehre. Was ich wohl irgendwie wieder vergessen habe, ich bin im internationalen Arktisjahr hier oben, dass es alle 50 Jahr nur gibt – Hammer! Also kommen hier jede Menge sehr begehrte Professoren nach Svalbard. Um genau zu sein ca. 150 dieses Jahr. Für eine Uni mit weniger als 100 Studenten nicht verkehrt. Wir fühlten uns wie bei Top Gun als der Haupt-„Ausbilder“ für unseren einwöchigen Survival-Safety-Cours uns von den bevorstehenden Kursen erzählt. Ziemlich alle „Ausbilder“ sind von der Armee, und machen den Eindruck, dass sie eher das Gewehr wegschmeißen würden um wie ein Mann gegen den Eisbär zu kämpfen, als ihn „feige“ mit der Signalpistole zu vertreiben…zum perfekten Szenario im abgedunkelten Raum ohne Fenster hat lediglich die fette Ausbilderzigarre gefehlt.
Was ein Wochenprogramm: Jeden Tag von Nullachthundet bis tief in die Dunkelheit (hahaha) Überlebenstraining und Sicherheitskurse. Nach First Aid und Allgemeinem über die richtige Kleidung in der Arktis folgten heute neben weiteren vier Stunden praktischem Training der Ersten Hilfe unter diesen Bedingungen einige Stunden Navigation, Karten-, GPS- und Kompasslehre.

Morgen früh geht es zum ersten Mal an den Schießstand…bam ba bam bam.

Solong,
the proud man in a 10m² Zimmer

Noch eine Frage an alle Köche und Chemiker dieser Erde: Warum wurde der frische Knoblauch beim Anbraten mit Zitronensaft blau?!

9 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Stephan, das liest sich alles sehr gut und das hört sich einfach nur alles krass an - und irgendwie auch richtig geil :)

Ich wünsche dir bei allem viel Spaß und harre weitere Einträge von dir!

Halt die Ohren steif!

stefan hat gesagt…

Fett, fett, fett! Bin gespannt auf die ersten Bilder!

Ich darf glaub ich nicht zu oft hier vorbeischauen. Sonst kann ich die verbleibenden 2 Monate nicht mehr aushalten. WHAAAA!

bis spätestens März
Stefan

Anonym hat gesagt…

Schöner Bericht, das ist alles sehr spannend und kann nur noch durch ein paar Bilder übertroffen werden...
Zwar bin ich kein Chemiker, habe aber vielleicht trotzdem die Lösung zum Knobi-Problem: Ihr habt doch gewürzt? Mit Salz? Am Ende sogar mit Jodsalz? Dann würde das Jod mit der Stärke im Knoblauch blau reagieren, so wie früher in Bio beim Stanger, nur dass der Knoblauch damals eine Kartoffel war...was sagste?

Anonym hat gesagt…

I cann tell you from the very bottom of my heart that it sound very geilo, was du da verzählst:-) Hau rein. Schieß n Eisbären und bring ihn mit ins Haus, gibt ne fette Grillsession!!! Viel Spaß noch verkühl dir nicht dein sonniges Gemüt

Anonym hat gesagt…

Gude, der Bericht ist wirklich cool, wann sehen wir das Ganze in der AZ?
Das Knoblauchproblem hat der Mo ja anscheinend schon gelöst, ich wär da nie drauf gekommen, trotz drei Jahren Chemiehochleistung. Macht sich der Klimawandel eigentlich auch bei euch bemerkbar? Ist den Eisbären zu heiß?
Ciao,

Marius

Anonym hat gesagt…

Hey Bird,

it sounds so good!
Wünsch Dir viel Spaß da oben, wir sehen uns dann spätestens im September in Berlin zum 100jährigen. Ich bleib deswegen am Ball.

Greetz, Assi

oli hat gesagt…

hey,
hast du den bericht durch eine didaktik-maschine laufen lassen oder wieso geht der so ab? hoffe dass du das beste aus der dunkelheit machst und bei den ersten sonnenstrahlen mit deinen frisch geschliffenen und gewachsten skiern, mit denen ich dir die ehre erwiesen habe zu fahren, powdern gehst!
gruß, oli

oli hat gesagt…

nein, alles weg was ich dir eben geschrieben habe! scheiße mit der scheiße! erzähl dir alles am skypofon wenn du vorher nicht mit dem raumschiff wegfliegst..

oli hat gesagt…

oh, doch noch alles da. so, jetzt habe ich deinen blog aber genug zugemüllt! sorry!