Dienstag, 23. März 2010

Kinderrutschbahn und die letzte Wurst von Spitzbergen


Ich muss einiges nachholen, packen wirs an: Wie so oft will ich mit dem letzten Wochenende starten. Die Sonne kehrte endlich nach einem langen, dunklen und mitunter auch recht kühlem Winter auch in die Stadt zurück. Wenn etwas anfängt, hört ja meistens auch etwas auf, und wenn etwas aufhört, ist es meist mit Abschied verbunden. Obwohl ja von sich aus recht dunkel, hat die Zeit ohne Sonne wirklich etwas besonderes. Vielleicht weil ich nie die ganze Polarnacht hier oben war, aber für mich hat die Zeit der Dunkelheit in keinem Fall etwas Bedrückendes. Eher ist es eine spannende Zeit, alles sieht ja im Dunkeln mit ein wenig romantischer Phantasie zumindest ein wenig mystisch aus.


Naja, zurück zur Sonnenwoche. Warum auch immer nutzen die Leute hier die Rückkehr der Sonne als Vorwand eine spektakuläre Art von Seifenkisten-Rennen auf Schlitten zu veranstalten. Ganz Longyearbyen fährt auf Scootern auf die gegenüberliegende Seite des Fjordes und veranstaltet eine lustige Party, bei der sich jeder irgendwie selbst feiert. Jung und Alt kommen zusammen und zelebrieren das Hier und Jetzt. Unglaublich wie viele Scooter es in der kleinen Stadt gibt. Zwei unendlich lange Schlangen ordentlich nebeneinander geparkter Scooter schmücken die Hangseite. Fast hat es den Anschein einer Art Ausfahrt – klar, nicht nur die kleinen Jungs im Stimmbruch wollen ein wenig Eindruck schinden. Jeder Scooter, der zu diesem Zeitpunkt in Longyearbyen verbleibt, ist wohl nicht mehr fahrtüchtig.

Der Hauptevent besteht darin auf irgendwelchen Schlitten im Team den Hang runter zu rutschen, was dann vom örtlichen Komitee unter der fachmännischen Leitung des Priesters bewertet und geehrt wird. Schlitten kann in diesem Fall alles bedeuten, was irgendwie den Anschein erweckt auf irgendeine Art und Weise den Hang auch runter zu kommen. Grundsätzlich kann man von zwei Arten Schlitten unterscheiden: Die erste Gruppe hat die unabhängige Zeitwertung im Auge, was sich deutlich an der ausgeklügelten Bauweise mancher Schlitten widerspiegelt. Die zweite Gruppe schielt mit einem Auge eher auf die so genannte Fiasko Bewertung und wurde wahrscheinlich in der Mehrzahl unter dem Genuss von gekühltem Dosenbier in der Vornacht irgendwie zusammen geschustert. Das olympische Motte ‚Dabei sein ist alles’ trifft hier zu, denn letztlich gibt es nur Gewinner.


Was bei jedem etablierten Dorffest der Bierstand mit Schwenkbratensteaks ist, ist hier oben in Ermangelung guten Bieres und in noch bitterer Ermangelung geilen Steaks, ein kleiner Grill ohne Stand, dafür aber mit norwegischen Qualitätswürstchen (Güteklasse A), heißem Kakao aus Thermoboxen und einem improvisierten Stand mit frischen Pfannkuchen an einer Hütte. Als ich mich endlich nach dem Rennen beim Grill ohne Stand der Schlange anschloss, ahnte ich schon böses. Der Grill war nur noch halb belegt, und es wurden keine neuen Qualitätswürstchen mehr aufgelegt. Je näher ich dem Grill kam, desto wenige Würstchen blieben übrig – Panik! Hat man sich einmal dazu durchgerungen die norwegischen Qualitätswürstchen zu essen, will man nach dem Anstehen natürlich auch eine bekommen. Vom Heißhunger gepackt, stellte ich mich mit dem Wunsch nach 3 Würstchen an. Im laufe der Wartezeit schärften sich meine Sinne und ich reduzierte auf zwei. Als ich schließlich an der Reihe war und an dem kleinen Grill ohne Stand ankam, lagen insgesamt nur noch zwei verlassene einsame Würstchen auf dem Rost, was nach Abzug einer für meine Mitbewohnerin noch eine ganze norwegische Qualitätswurst für mich bedeutete. Hinzu kam, dass die Brötchen bereits ausgegangen waren, sodass mein erbärmliches letztes Würstchen auch noch pur auf einer dünnen Serviette landete. Aber ich will nicht klagen, es war ein besonderes Erlebnis die letzte Wurst gegessen zu haben und sie war mit Sicherheit besser als die erste…



Am nächsten Tag wurde mir bewusst, wie langweilig teilweise doch die deutsche Sprache ist, wirklich jetzt. In Österreich gibt’s Redewendung, da liegt man aufm Boden, Gesicht nach unten und will sich trotzdem noch auf die Schenkel klopfen. Max hatte seine Schwester und zwei Freundinnen zu Besuch was mir als Wissbegierigen die fabulöse Möglichkeit eröffnete eine Unmenge österreichischer Mundarten kennen zu lernen. Gepaart wurde die gar lustre Völkerverständigung mit einem feinen Tripp zum Tempelfjorden. Grundsätzlich läuft im Tempelfjorden auch immer mal der ein oder andere Bär durch die Gegend – Hoffnung - jedoch zeigte sich wieder mal, dass der Dödel immer noch abends dagegen betet… Schad für die Besucher, ich hab mich schon fast mit der verzwickten Situation abgefunden. Der Tripp war davon abgesehen aber von der feinen Sorte mit bestem Wetter. Tempelfjorden ist wirklich eine wunderschöne Gegend, auch wenn es ziemlich zum Touristen Mekka mutiert ist, was zur Folge hat, dass jährlich als Attraktion sogar ein Segelschiff im Fjord eingefroren wird. Auf dem Rückweg fuhren wir noch in Eskerfossen vorbei, einem kurzen, recht schmalen Tal, das in einem gefrorenen Wasserfall endet.


Abschließen will ich mit einem kleinen Vertrauensbeweis. Nachdem mein neuer ABS Rucksack ja bereits bei der erstbesten Gelegenheit unfreiwillig und nicht zufrieden stellend getestet wurde, wurde mir von ABS eine zweite Testpatrone hochgeschickt. Da mir niemand sagen konnte, ob es eventuell für das System doch zu kalt hier ist, blieb nichts andres übrig als den Rucksack den haben Tag mal in der Kälte stehen zu lassen um ihn danach zu testen. Der Test funktionierte ohne Probleme, was mein Vertrauen in die Technik wieder ein wenig hergestellt hat. Jetzt wart ich nur noch auf meine neue CO2 Kartusche und dann kann es wieder losgehen. Bis dahin hat mein Knie auch aufgehört weh zu tun und dann gemma steil.

Lieber Opa, ich will nur nochmal dezent darauf hinweisen, dass ich nicht nur Ski oder ‚Schneefahrzeug’ fahre. Ich mach auch was für meine Arbeit…ehrlich!



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